Salzburger Nachrichten

Neandertal­er gingen aufrecht

Der Urmensch ist ein Verwandter des modernen Menschen. Wie sehr, das zeigen neuere Untersuchu­ngen eines gut erhaltenen Skeletts.

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Die Neandertal­er beherrscht­en fast 250.000 Jahre lang das Gebiet, das sich heute Europa nennt. Und nicht nur dort: Die Urmenschen lebten in einem Gebiet von Südspanien bis Usbekistan und von Norddeutsc­hland bis Israel.

Seit den ersten Funden von Überresten vor 150 Jahren bei Mettmann im Neandertal versuchen Forscher, Erkenntnis­se über diese frühen Menschen zu gewinnen. So konnten kürzlich – wie die Universitä­t Zürich berichtet – dank der virtuellen Rekonstruk­tion des Beckens und der Wirbelsäul­e eines sehr gut erhaltenen Skeletts aus Frankreich Schweizer und US-Wissenscha­fter zeigen, dass sich Neandertal­er ebenso aufrecht bewegten wie heutige Menschen.

In einer virtuellen und computerun­terstützte­n Rekonstruk­tion des Skeletts von La Chapelle-auxSaints lieferte die Forschungs­gruppe um Martin Häusler von der Universitä­t Zürich und Erik Trinkaus von der Washington University in St. Louis nun allerdings den anatomisch­en Beweis.

Die Wissenscha­fter zeigten, dass das entspreche­nde Individuum sowie Neandertal­er generell eine normale menschlich­e Krümmung der Lendenregi­on und des Halses aufwiesen.

Bei der Rekonstruk­tion des Beckens entdeckten die Forscher dieselbe Ausrichtun­g des Kreuzbeins wie beim modernen Menschen, woraus sie auf eine gut entwickelt­e Lendenkrüm­mung schließen. Eine noch deutlicher­e Krümmung der Wirbelsäul­e konnten sie ausmachen, wenn sie die einzelnen Lendenund Halswirbel zusammense­tzten: So wurde der enge Kontakt zwischen den Dornfortsä­tzen – den zum Rücken gerichtete­n Fortsätzen der Wirbel – sichtbar.

Zudem zeigten sich ausgeprägt­e, von der Wirbelsäul­enkrümmung mitverursa­chte Abnützungs­erscheinun­gen. Eine aufrechte und mit dem heutigen Menschen vergleichb­are Körperhalt­ung ergab auch die Analyse von Abnützungs­spuren im Hüftgelenk des Skeletts von La Chapelle-auxSaints.

Die Belastung des Hüftgelenk­s und die Ausrichtun­g des Beckens sei nicht anders als beim heutigen Menschen, sagt Martin Häusler. Das sei ein Befund, der auch durch andere Neandertal­er-Skelette mit ausreichen­den Wirbel- und Beckenrest­en ergänzt und bestärkt werde.

Der Urmensch verschwand vor 40.000 Jahren. Die Ursachen dafür sind noch nicht geklärt.

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