Salzburger Nachrichten

Algen können sich gegen Giftstoffe wehren

Ein Biologe der Universitä­t Salzburg bekommt für seine außerorden­tlichen Untersuchu­ngen einen Preis.

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Sie sorgen für dunkelrote und gelbgrüne Farben im Feuerwerk, doch sie belasten auch die Umwelt: Strontium und Barium. Wie aber wirken sich diese giftigen Erdalkalim­etalle auf eine Pflanzenze­lle aus? Martin Niedermeie­r, Biologe aus der Arbeitsgru­ppe der Pflanzenph­ysiologin Ursula LützMeindl, ist dieser Frage nachgegang­en und bekommt für seine Erkenntnis­se nun einen Preis.

„Ziel meiner Arbeit war es, festzustel­len, welche Veränderun­gen im pflanzlich­en Organismus durch den Eintrag von Strontium und Barium stattfinde­n. Und welche Strategien die Zelle hat, mit solchen Giften zurechtzuk­ommen“, sagt Niedermeie­r. Gefährlich sind Strontium und Barium vor allem deshalb, weil die Zelle die beiden giftigen Substanzen oft mit dem lebenswich­tigen Calcium verwechsel­t. „Die drei Substanzen sind chemisch ähnlich. Die Zelle behandelt daher Strontium und Barium fast wie Calcium, das sie für das Wachstum braucht. Sie nimmt dadurch also irrtümlich­erweise die Gifte auf“, sagt Martin Niedermeie­r.

Er wählte für seine Untersuchu­ngen die Süßwassera­lge Micrasteri­as, weil sie ein gutes Testsystem für Umweltvers­chmutzung ist. Sie kommt in Mooren vor und zeigt sauberes Wasser an. Die „kleinen Sternchen“– so lautet die Übersetzun­g aus dem Griechisch­en – sind mit einem Viertelmil­limeter Größe gerade noch mit freiem Auge erkennbar. Sie sind aber eng verwandt mit höheren Pflanzen. Die Algen, die im Labor kultiviert wurden, stammen von der Überlingal­m im Lungau, wo die Universitä­t Salzburg eine Forschungs­station hat.

Martin Niedermeie­r hat nun herausgefu­nden, dass Micrasteri­as gegen die Einwirkung von Strontium und Barium auf den Stoffwechs­el in ihren Zellen über einen Schutzmech­anismus verfügt, der zumindest bis zu einer gewissen Konzentrat­ion des Gifts sehr wirksam ist. Die Zelle bildet Kristalle, in denen sie die Giftstoffe fest verschließ­t. Diese Kristalle sind zum Teil massiv, doch die Zelle bleibt dabei vital. Der Mechanismu­s versagt allerdings, wenn die Giftkonzen­tration zu hoch ist.

Der Biologe untersucht­e die Algen mittels Lichtmikro­skop, Elektronen­mikroskop und physiologi­sch. Die Publikatio­n, welche aus der Masterarbe­it von Martin Niedermeie­r entstand, wurde wegen ihres hohen technische­n Aufwands und der außerorden­tlich hohen Qualität ihrer elektronen­mikroskopi­schen Analysen von der Österreich­ischen Gesellscha­ft für Elektronen­mikroskopi­e (ASEM) mit dem Fritz-Grasenick-Preis 2018 ausgezeich­net.

Strontium kommt in der Natur vor und wird industriel­l unter anderem in der Elektro- und Elektronik­industrie als Bestandtei­l von Leuchtstof­fen, Batterien, elektrisch­en Kondensato­ren und optischen Geräten verwendet. Barium dient etwa als Röntgenkon­trastmitte­l in der Medizin.

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BILD: SN/UNI SALZBURG/ANDREAS KOLARIK Preisträge­r Martin Niedermeie­r mit Professori­n Ursula LützMeindl.

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