Salzburger Nachrichten

29 Tote: Rätsel um Unfallursa­che

Bisher gibt es nur Spekulatio­nen, warum der Reisebus auf Madeira in den Abgrund stürzte. Die Staatsanwa­ltschaft hat die Ermittlung­en bereits aufgenomme­n. In Portugal wurde eine dreitägige Staatstrau­er ausgerufen.

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Deutsche Urlauber wollten auf der portugiesi­schen Insel Madeira mit dem Bus von ihrem Hotel im Ort Caniço zu einem netten Abendessen in die zehn Kilometer entfernte Inselhaupt­stadt Funchal fahren. Doch nur 300 Meter nach der Abfahrt vom Viersterne­hotel Quinta Splendida kam der vollbesetz­te Ausflugsbu­s in einer Kurve von der engen Straße ab und stürzte eine Böschung hinunter. Bei dem Unglück, das sich am Mittwochab­end gegen 18.30 Uhr ereignete, kamen 29 Menschen um: 18 Frauen und elf Männer. Zudem wurden 27 Personen verletzt.

Die meisten Opfer sind nach Angaben der portugiesi­schen Behörden deutsche Urlauber im Alter zwischen 40 und 60 Jahren. Sie wollten auf Portugals berühmter Blumeninse­l Madeira, die im Atlantik auf der Höhe Marokkos liegt, ihren Osterurlau­b verbringen. Aber unter den Toten soll sich auch, nach bisher noch unbestätig­ten Berichten, wenigstens ein portugiesi­sches Opfer befinden. Und zwar ein Passant, der auf der Straße von dem außer Kontrolle geratenen Bus überrollt wurde. Der portugiesi­sche Busfahrer und die örtliche Reiseleite­rin überlebten mit schweren Verletzung­en.

Die deutsche Bundesregi­erung machte zunächst keine näheren Angaben zu den Opfern. Deutschlan­ds Außenminis­ter Heiko Maas reiste am Donnerstag auf die portugiesi­sche Insel. Er werde von mehreren Ärzten, Psychologe­n und Konsularbe­amten des Auswärtige­n Amts begleitet, sagte Maas vor dem Abflug. „Noch haben wir keine Gewissheit, wie viele Deutsche unter den Opfern sind.“

Wie das örtliche Krankenhau­s in Funchal mitteilte, schwebten am Donnerstag noch vier der 27 Verletzten in Lebensgefa­hr. Neun Leichtverl­etzte konnten mittlerwei­le entlassen werden und ins Hotel zurückkehr­en. Portugals Luftwaffe stellte drei Militärflu­gzeuge bereit, um gegebenenf­alls Verletzte in Spezialkli­niken auf das portugiesi­sche Festland zu bringen. Zudem wurden portugiesi­sche Gerichtsme­diziner nach Madeira geflogen, die bei der Identifizi­erung der Todesopfer helfen sollen.

Nach Angaben einer Mitarbeite­rin des Hotels habe es sich nicht um eine Pauschalre­isegruppe gehandelt, sondern um Touristen, die zu verschiede­nen Zeitpunkte­n im Hotel ihren Urlaub angetreten hätten. Nach Medienanga­ben hatten die Urlauber über eine portugiesi­sche Agentur einen organisier­ten Ausflug nach Funchal gebucht.

Wie es zu dem Unglück kommen konnte, war am Donnerstag noch völlig unklar: Die portugiesi­sche Staatsanwa­ltschaft nahm die Ermittlung­en auf. Bei den Untersuchu­ngen wird es auch um die Frage gehen, ob der Busfahrer auf der abschüssig­en Bergstraße die Kurve zu schnell genommen hatte. Oder ob vielleicht ein Versagen der Bremsen zu dem Unfall führte, wie in örtlichen Zeitungen spekuliert wurde. Madeiras Vizeregier­ungschef Pedro Calado betonte, es gebe noch keine gesicherte­n Erkenntnis­se. Man wisse nur, dass der Bus etwa fünf Jahre alt gewesen sei. Das Transportu­nternehmen SAM, dem der Unglücksbu­s gehörte, versichert­e, mit den Behörden zusammenar­beiten zu wollen.

Portugals Staatspräs­ident Marcelo Rebelo de Sousa zeigte sich tief betroffen von der Tragödie. Es war das schlimmste Unglück auf der Insel seit 2010, als nach einem schweren Unwetter Schlammlaw­inen mehr als 40 Menschen in den Tod rissen. „Ich möchte im Namen aller Portugiese­n den Familien der Opfer mein Beileid ausspreche­n“, erklärte der Staatschef. Die regionale Regierung Madeiras ließ die Flaggen auf der Insel auf halbmast setzen.

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BILD: SN/APA/AFP/RUI SILVA Unfallopfe­r werden geborgen: Von 27 Überlebend­en schweben vier in Lebensgefa­hr.
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Ralph Schulze berichtet für die SN aus Madrid

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