Regierung macht Islamisten verantwortlich
Fast 300 Menschen wurden in den Tod gerissen. Bekennerbotschaften gibt es bisher nicht. Die Regierung in Colombo vermutet eine internationale Beteiligung.
Die Regierung in Sri Lanka machte am Montag eine bisher kaum bekannte einheimische Islamistengruppe für die Terroranschläge am Ostersonntag verantwortlich. Es habe im April Warnungen vor vereinzelten Angriffen gegeben. Die Truppe dürfte aus dem Ausland unterstützt werden, es handle sich um ein Netzwerk. Beweise legte der Regierungssprecher nicht vor. Es gibt bisher auch kein Bekennerschreiben. Bei den Attentaten gegen Kirchen und Luxushotels starben fast 300 Menschen, darunter mehr als 30 Ausländer.
Auf 8.45 Uhr blieben am Ostersonntag die Zeiger der Kirchenuhr stehen, als der erste von acht Sprengstoffanschlägen auf jähe Art die Illusion von friedlichem Zusammenleben zerriss. Seit Ende des Bürgerkriegs zwischen der Bevölkerungsmehrheit der Singhalesen und der Minderheit der Tamilen vor fast zehn Jahren gab es in Sri Lanka keine Terroranschläge mehr. Nun starben bei Selbstmordattentaten in drei Kirchen und drei Luxushotels fast 300 Menschen. Mehr als 500 erlitten Verletzungen.
Im Hotel Cinnamon nahe der malerischen Küste vor der Hauptstadt Colombo drängte sich der Attentäter an der Warteschlange der Gäste im Frühstückssaal vorbei und sprengte sich in die Luft. In zwei anderen Hotels von Colombo starben ebenfalls Ausländer, als die offenbar bis ins kleinste Detail geplante und ausgeführte Terrorwelle über die Insel fegte.
Unter den mindestens 37 Opfern befinden sich nach ersten Angaben unter anderem mindestens sieben britische Staatsangehörige, zwei türkische Ingenieure, zwei Chinesen und zwei Australier sowie fünf Inder. Auch drei der vier Kinder eines dänischen Milliardärs aus der Modebranche sind unter den Opfern. Die Familie verbrachte ihren Osterurlaub in Sri Lanka.
Die Regierung in Colombo machte am Montag eine bislang kaum bekannte lokale Islamistengruppe namens „Thowheed Jamaat“für das Blutbad verantwortlich. Ein Kabinettssprecher betonte, es werde überprüft, ob die Gruppe „internationale Unterstützung“gehabt habe. „Wir glauben nicht, dass diese Angriffe von einer Gruppe von Menschen verübt wurden, die auf dieses Land begrenzt waren“, sagte der Sprecher. Angeblich hatte der stellvertretende Polizeichef Sri Lankas bereits am 11. April schriftlich vor Plänen von Anschlägen auf Kirchen gewarnt.
Sri Lankas Thowheed Jamaat besitzt enge Verbindungen zu einer gleichnamigen Organisation im indischen Bundesstaat Tamil Nadu. Sollte sich der Verdacht in Colombo bestätigen, würde die Verbindung in der indischen Hauptstadt Delhi für große Verlegenheit sorgen. Schließlich versucht sich Indien als Garant im Kampf gegen Terror in Südasien zu profilieren.
In Sri Lanka verkündete die Regierung von Premierminister Ranil Wickremesinghe bereits den Ausnahmezustand. Schulen und die Börse blieben geschlossen, um den Straßenverkehr zu verringern. Außerdem wurden fast alle sozialen Medien blockiert, um die Verbreitung von Gerüchten zu vermeiden. Es kam auch zu ersten Verhaftungen. 13 Männer seien festgenommen worden, hieß es am Montag.
Die Bewohner der Hauptstadt, die noch vor Jahren mit Stolz nach 25 Jahren Bürgerkrieg auf ihre Abgebrühtheit verwiesen, verstummten nach den Attentaten im Schock. Der Frieden auf der Tropeninsel war wackelig.
Zuletzt gab es immer wieder Übergriffe gegen die muslimische Minderheit. Bei jedem Zwischenfall drohen Lynchjustiz und Mobs auf den Straßen.
Bekennerschreiben für die blutige Mordserie am Ostersonntag gibt es bislang nicht. Die Gruppe „Islamischer Staat“, sonst schnell mit Bekundungen bei der Hand, schweigt.
Das Vorgehen in Sri Lanka erinnert eher an die Taktik der Al Kaida, des einst von Osama Bin Laden gegründeten Terrornetzwerks. Bei den spektakulären Attentaten am 11. September 2001 hatten die Extremisten, die zuletzt in den Hintergrund gerieten, ähnliche Fähigkeiten der Koordinierung und Planung bewiesen – und schwiegen ihre Beteiligung jahrelang tot.
Sowohl für Al Kaida wie auch den IS wäre es ein Leichtes gewesen, auf die Tropeninsel vor der Südspitze Indiens zu gelangen. Das Land unterhält enge Verbindungen zu Pakistan, wo die verbleibenden Reste der Kaida-Führung vermutet werden, und eine Art offene Seegrenze zum Nachbarn der Malediven, wo der radikale Islam grassiert. Bis zu 100 junge Extremisten von den Malediven schlossen sich dem IS im Nahen Osten an.
Die Terroranschläge am Ostersonntag trafen auch den wiedererblühenden Tourismus in Sri Lanka. Die Normalität ist wieder vorbei.