„Das ist sehr belastend für die Koalition“
Der Salzburger Landeshauptmann ist seit 15 Jahren Regierungspolitiker. Wie er die gegenwärtige Debatte um Ausritte freiheitlicher Funktionäre empfindet, wie er das Mitterlehner-Buch sieht und ob er noch einmal antreten wird.
Der Salzburger LH Wilfried Haslauer ist seit 15 Jahren Regierungspolitiker. Wie er die Debatte um Ausritte freiheitlicher Funktionäre empfindet, wie er das Mitterlehner-Buch sieht und ob er noch einmal antritt.
Wilfried Haslauer hat eine Koalition mit den Freiheitlichen auf Landesebene abgelehnt. SN: Jeder Tag ohne FPÖ in der Landesregierung ist ein schöner Tag für Sie? Wilfried Haslauer: Wir haben eine Regierung in der Mitte gebildet und es war die richtige Entscheidung. Die FPÖ deckt einen bestimmten Bereich in der Gesellschaft als politisches Angebot ab. Ich bin nicht unfroh darüber, dass ich mich nicht jeden Tag dafür rechtfertigen muss, was in und um die FPÖ passiert. SN: Leidet die Koalition auf Bundesebene unter solchen Ausritten? Ich nehme Vizekanzler Strache ab, dass er damit nichts zu tun haben will und sich bemüht, die FPÖ an diesen Rändern sauber zu halten. Die FPÖ steht unter strengster Beobachtung, international, medial und politisch. Das muss sie wissen. Das ist sehr, sehr belastend für die Koalition in Wien, die an sich gute Arbeit macht. Und die momentan auch ohne Alternative ist, weil sich mit Ausnahme einer erneuten Großen Koalition, die niemand wirklich will, nichts ausgeht. Das ist leider schade, aber mit dem muss man leben. SN: Glauben Sie, dass das noch lang gut gehen kann? Das ist eine Häufung von Problemaussagen, die die FPÖ belasten. Der Kanzler hat sehr klar seine Meinung artikuliert und die Trennlinie aufgezeigt. Der Vizekanzler ist bemüht, sich im Rahmen des politisch Akzeptablen zu bewegen. Ich hoffe, das gelingt. SN: Sie sind vor 15 Jahren als erfolgreicher Anwalt in die Politik gekommen. Schon bereut? Es war eine gute Entscheidung. Ich habe es nicht bereut. Ich habe sehr viel dazugelernt, habe verstanden, wie das Land funktioniert, wie vielfältig die Menschen sind, welche großartigen Leute es gibt, die ich nicht gekannt habe. SN: Sie waren neun Jahre Landeshauptmann-Stellvertreter und sind nun sechs Jahre Landeshauptmann. Wo liegt da der Unterschied? Nummer eins ist immer ganz anders als Nummer zwei. Die Nummer eins hat die Verantwortung, bei Nummer eins schlägt alles auf. Sie gibt das Klima, das Tempo an. Die Nummer eins hat den Führungsanspruch, das ist wesentlich. Sie muss entscheidend mitdefinieren, wohin die Reise geht. Geändert hat sich das politische Klima. In den ersten neun Jahren war ein System der wechselseitigen Belauerung. Es ging auf beiden Seiten sehr viel Energie dafür auf, einander zu bekriegen. Es ist gelungen, diese Energien freizubekommen für Sacharbeit und trotz politischer Unterschiede gut und menschlich zusammenzuarbeiten. SN: Was waren Ihre größten politischen Erfolge? Weniger die Wahlerfolge 2013 und 2018, sondern die Sacherfolge: Pinzgaubahn, Jazzfestival Saalfelden, die Budgetsanierung, das Domquartier, die Rückgabe der Festung, Bad Gastein, Kaserne Tamsweg, Restaurierung Chiemseehof, die Errichtung einer InformatikHTL. Man sieht, dass man etwas bewegen kann. SN: Ist Ihnen etwas auch nicht gelungen? Eine gemeinsame Marke Stadt und Land Salzburg zu schaffen. Oder die Vermögenssituation zwischen Bund und Land abzuschließen. SN: Was waren Ihre größten Enttäuschungen? Eine davon war sicher 2004 die Wahlniederlage. Frau Burgstaller war damals die strahlende Wahlsiegerin. Es war interessant zu beobachten, wer sich von uns abwendet und wer nicht. Die ÖVP war schwer angeschlagen. Da musste ich mich erst einmal hineinknien. Es ist gelungen. Aber es war eine harte Zeit. SN: Ihr Vater war auch Landeshauptmann von Salzburg. Gehen Ihnen die Vergleiche mit ihm schon auf den Geist? Nein. Ich freue mich darüber, wenn ich auf ihn angesprochen werde. Denn wenn der Vater gelobt wird, ist das auch eine schöne Sache für den Sohn. Er fehlt mir als Gesprächspartner. Ich würde ihn heute oft gern fragen, wie er die Dinge einschätzt. SN: Es gibt Leute, die sich Gedanken darüber machen, was Sie nach Ihrer Zeit als Landeshauptmann machen könnten oder sollten. Machen Sie sich diese Gedanken auch? Rasen mähen und Rosen schneiden. SN: In Wien werden Sie in türkisen Kreisen als möglicher Bundespräsident gehandelt. Das ist ehrenhaft. Aber ich sehe das nicht so. Ich will bei der nächsten Landtagswahl 2023 noch einmal antreten. Es gibt noch viel zu tun. SN: Was? Wie halten wir diese Gesellschaft zusammen, die durch Angst und Polarisierung gekennzeichnet ist? Wie können wir mutig und mit dem Gefühl, dass wir zusammengehören und füreinander da sind, in die Zukunft gehen? Das halte ich für eine der wichtigsten politischen Aufgaben. Was tun wir mit der Pflege, wie bilden wir die jungen Menschen richtig aus, wie können wir die Infrastruktur verbessern, wie lösen wir das Verkehrsproblem, das Wohnungsproblem? SN: Was halten Sie davon, wenn sich frühere Politiker zu aktuellen Themen äußern? Das mus man schon aushalten. Es kann jeder seine Meinung äußern. Natürlich gibt es auch hauptberufliche Zurufer, die das, was sie in ihrer aktiven Zeit nicht geschafft haben, von ihren Nachfolgern einfordern. Das halte ich für mäßig witzig. SN: Auch das Buch von Reinhold Mitterlehner? Ich finde es schade, dass die Debatte über das Buch auf diese kurze Übergangsepisode zu Sebastian Kurz reduziert wird. Da steht eigentlich nichts Neues drin. Die Große Koalition war am Ende. Es war allen klar, dass der nächste Spitzenkandidat Sebastian Kurz sein würde. Es war nur die Frage, wann. Dass Kurz sich darauf vorbereitet hat, kann man ihm nicht vorwerfen. SN: Kritiker meinen, die ÖVP vernachlässige ihre christlichsoziale Seite. Sie machen das etwa an dem Vorschlag der Regierung fest, für die Beschäftigung von Asylbewerbern nur noch 1,50 Euro pro Stunde zu bezahlen. Sehen Sie das auch so? Die ÖVP vernachlässigt in keinster Weise ihre christlich-soziale Seite. Sie ist eine Partei mit einem sehr breiten Meinungsspektrum, die Volkspartei eben. Das Vorhaben, für die Beschäftigung von Asylbewerbern, die nur in engen Grenzen möglich ist, nur noch 1,50 Euro pro Stunde statt wie bisher bis zu fünf Euro pro Stunde bezahlen zu dürfen, sehe ich durchaus kritisch. Man sollte die Entscheidung den Gebietskörperschaften überlassen, die Asylbewerber beschäftigen. SN: Sie werden immer wieder als Festspielpräsident ins Spiel gebracht. Reizt Sie das? Selbst wenn, das ginge sich nicht aus. Die Präsidentenposition ist 2020 zu besetzen, ich allerdings habe vor, 2023 als Landeshauptmann noch einmal anzutreten. SN: Soll die Präsidentin, der Präsident auf jeden Fall aus Salzburg kommen? Das ist ein ganz wichtiges Anliegen von mir. Das ist eine gute Entwicklung über die letzten 100 Jahre.