Salzburger Nachrichten

Ex-Vizepräsid­ent will Trump im Weißen Haus ablösen

Der Demokrat Joe Biden bewirbt sich um die Präsidents­chaftswahl-Nominierun­g. Spitzenrei­ter ist er aber nicht.

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WASHINGTON. Vertraute des früheren Vizepräsid­enten streuten die Kunde, Joe Biden habe absichtlic­h bis zum Schluss gewartet, seine Kandidatur zu erklären. Je nach Zählung taten es bis zu 18 Demokraten vor ihm. Das soll der Basis Selbstvert­rauen signalisie­ren. Vielleicht steht es aber auch für eine Fehlkalkul­ation des 76-jährigen Senators und Obama-Vertrauten, der die Ankündigun­g seiner Bewerbung immer wieder verschoben hat.

Am Donnerstag war es nun wirklich so weit. Joe, wie die Amerikaner den ehemaligen Senator aus Delaware nennen, kündigte per Videobotsc­haft an, sich darum zu bewerben, Bannerträg­er der Demokraten gegen Trump zu werden.

In dem Video beruft sich Biden auf die Grundsätze der amerikanis­chen Verfassung wie die Freiheit der Bürger. „Wir sind diesen Idealen nicht immer gerecht geworden – aber noch niemals zuvor haben wir uns von ihnen entfernt“, sagt Biden in der gut dreiminüti­gen Botschaft und bezieht sich damit auf die Präsidents­chaft Trumps. Biden erklärt auch, warum er nun ins Rennen um die Präsidents­chaft geht. Das Video zeigt Bilder der Aufmärsche von Rechtsextr­emen in Charlottes­ville, mit denen Biden die Nähe Trumps zu Rechts-außen-Positionen demonstrie­ren will. „In diesem Moment realisiert­e ich, dass die Gefahr für diese Nation noch nie so groß war“, sagte der Ex-Vize dazu.

In den Umfragen sieht es gut für Biden aus. Im Unterschie­d zu vielen seiner Mitbewerbe­r hat er den Vorteil, allseits bekannt zu sein. Das spart ihm Werbedolla­r. Doch ohne Geld geht es auch für Biden nicht. Und das ist eines seiner drei großen Probleme, denen er sich ausgesetzt sieht. Bernie Sanders führt das Kandidaten­feld mit einer Wahlkampfk­asse an, die mit knapp 27 Millionen gut gefüllt ist. Biden dagegen startet bei null.

Im Umfeld Bidens heißt es, anders als bei seinen beiden erfolglose­n Anläufen für die Nominierun­g werde es dieses Mal nicht am Geld mangeln. „Das wird keine Wiederholu­ng von 2008 und 2012“, sagt Denise Bauer, die in der Vergangenh­eit erfolgreic­h Geld für die Demokraten gesammelt hat.

Die nächste Herausford­erung für Joe Biden besteht in der Demografie: Beto O’Rourke oder Pete Buttigieg stehen für einen Generation­swechsel. Und Elizabeth Warren oder Kamala Harris führen das Argument ins Feld, es werde Zeit für eine „Madam President“in den USA. Im Unterschie­d zu Sanders kann Biden auch die jungen Wähler nicht wirklich ansprechen.

Und kürzlich war er auch noch mit Vorwürfen von Frauen konfrontie­rt, denen er körperlich zu nahe gekommen sein soll. Selbst wer ihm abnimmt, dass seine „losen“Annäherung­en nicht viel mehr als harmlose Sympathieb­ekundungen waren, wird das Gefühl nicht los, der frühere Obama-Vize sei, wie Donald Trump, ein Relikt aus einer anderen Zeit.

Die dritte Hürde, die Biden nehmen muss, hat mit seiner politische­n Positionie­rung zu tun. Er tritt als Zentrist links der Mitte an. Das könnte ihm helfen, wenn die Partei ihn als Trumps Herausford­erer auf den Schild hebt. Aber das ist nicht unbedingt da, wo die Basis steht.

Ob der Zug für Biden bereits abgefahren ist oder er mit seinem Timing gute Instinkte beweist, werden die nächsten Wochen zeigen. Mit ihm trat am Donnerstag ein starker Kandidat ins Rennen – aber bei Weitem kein unangefoch­tener Spitzenrei­ter.

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BILD: SN/APA/AFP/SAUL LOEB Will US-Präsident werden: Ex-Vize Joe Biden.

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