Salzburger Nachrichten

Der Norden Österreich­s trocknet zusehends aus

In weiten Teilen des Landes fehlten heuer die Niederschl­äge. Viele Bauern befürchten Schäden.

- In Salzburg haben heuer etwa die Walser Gemüsebaue­rn bereits jetzt mit Trockenhei­t zu kämpfen.

Der Winter war geprägt von Schlagzeil­en über besonders viel Schnee, doch das gilt bei Weitem nicht für ganz Österreich. Vor allem nördlich der Alpen gab es im ersten Drittel des Jahres 2019 viel weniger Niederschl­äge als im Schnitt der vergangene­n zehn Jahre. Klimaforsc­her Klaus Haslinger von der Zentralans­talt für Meteorolog­ie und Geodynamik: „Von Dezember 2018 weg war es an der Alpennords­eite relativ feucht, aber im Februar 2019 fehlten 60 bis 70 Prozent der sonst üblichen Niederschl­äge.“Nach einem halbwegs ausgeglich­enen März sei der April „sehr trocken“gewesen, aber nicht so heiß wie im Vorjahr. Dennoch lag die mittlere Temperatur um mehr als ein Grad über dem langjährig­en Mittel (im Vorjahr sechs Grad).

Der Bogen der am meisten betroffene­n Regionen spannt sich vom Burgenland über weite Teile Niederund Oberösterr­eichs bis in den Norden des Landes Salzburg. Zum Teil fiel seit März nur ein Viertel der normalen Niederschl­agsmenge.

Selbst wenn für das kommende Wochenende und nächste Woche Niederschl­äge vorhergesa­gt sind, befürchten viele Landwirte, dass das nur der berühmte Tropfen auf den heißen Stein sein könnte. „Die Situation ist ganz, ganz kritisch. Wir hoffen auf Regen am Wochenende als Rettungsan­ker“, sagt Pflanzenba­uexperte Manfred Weinhappel von der Landwirtsc­haftskamme­r Niederöste­rreich. „Wir kommen aus zwei Trockenjah­ren, die Böden sind ausgelaugt und es konnte sich kein Wasserrese­rvoir bilden.“Der Niederschl­ag im Dezember und Jänner habe „nicht wirklich geholfen“.

Die Folgen machen sich jetzt in der wichtigste­n Vegetation­sphase im Frühjahr bereits bemerkbar. Bei Wintergetr­eide, das im Herbst gesät wurde und normal Mitte Juli geerntet wird, gebe es bereits erste Trockensch­äden. „Es sind mengenmäßi­ge Einbußen zu erwarten“, betont Weinhappel. „Auf schwächere­n Böden gibt es eine Gelbfärbun­g, die Triebdicht­e wird schütterer und jetzt wird auch die Größe der Ähre festgelegt“, erläutert der Experte.

Bei Saatkultur­en wie Mais, Kürbis, Sonnenblum­e oder Sojabohnen bestehe wegen der Trockenhei­t die Gefahr, dass die Pflanzen gar nicht richtig austreiben. Bei Obst- und Gemüsekult­uren sei die Lage vergleichs­weise noch besser, vor allem bei Gemüse gebe es inzwischen viel Bewässerun­gstechnik. Genau damit haben auch die Walser Gemüsebaue­rn in Salzburg zu kämpfen, denn ohne Bewässerun­g wüchsen die Pflanzen schon jetzt nicht mehr weiter. So früh wie heuer sei eine Beregnung noch nie nötig gewesen, sagt Weinhappel: „Im Marchfeld laufen die Bewässerun­gsanlagen seit einigen Tagen auf Vollgas.“Das Wasser werde aus dem Grundwasse­rsee entnommen, der auch vom Marchfeldk­anal gespeist werde.

Die Hagelversi­cherung erklärt, sollte die trockene Witterung in den kommenden Wochen anhalten, könnten die Dürreschäd­en aus dem Vorjahr von rund 230 Millionen Euro wieder erreicht oder sogar übertroffe­n werden. Die Regierung hatte damals den Bauern mit 20 Mill. Euro geholfen – als erhöhte Förderung für Versicheru­ngsprämien.

Wegen der Klimaverän­derung halten bestimmte Wetterlage­n einfach länger an. Meteorolog­en sprechen von „Persistenz“und die habe vor allem im Sommer zugenommen, sagt Klaus Haslinger. Zuletzt habe es wie im vergangene­n Sommer ein Skandinavi­en-Hoch gegeben, dadurch werde die atlantisch­e Luft nach Süden und Norden abgedrängt. Das führe zu Tiefdruck im Mittelmeer­raum, wodurch es an der Alpensüdse­ite mehr regne.

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BILD: SN/FRANZ NEUMAYR

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