Flotte Taschen aus alten Uniformen
Behinderte verarbeiten die grüne Polizeimontur in Bayern, der Verkauf dient einem guten Zweck.
In Bayern gibt es ein neues Modelabel. Die Marke „110 2.0“verströmt Exklusivität, unterstützt den Trend zum Upcycling – also aus altem, gebrauchtem Material etwas Neues, Hochwertigeres zu machen – und wird obendrein auch noch für einen guten Zweck verkauft: Aus alten Polizeiuniformen werden nun in einer Behindertenwerkstätte flotte Taschen, Rucksäcke, Picknickdecken oder Yoga-Kissen sowie andere modische Accessoires hergestellt.
Die Idee dazu entstand, weil seit dem Sommer 2018 die biederen grün-braunen Uniformen der Polizei im benachbarten Freistaat der Vergangenheit angehören. Die Ordnungshüter in Bayern tragen nun das elegantere Blau. Nach Tests durch rund 500 Beamte im Jahr 2014 war übrigens dem österreichischen Vorbild der Vorzug vor jenem aus Baden-Württemberg gegeben worden. Die Berge von alten Uniformen konnten natürlich nicht einfach zur Altkleidersammlung gegeben werden. Um sie doch einem guten Zweck zuzuführen, entstand nach einer Idee aus der Polizeigewerkschaft Niederbayern ein Projekt, in dem Design- und Textilprofis der Technischen Hochschule Deggendorf mit der Behindertenhilfe der Barmherzigen Brüder in der Ordensprovinz Bayern zusammenarbeiten. Die rund 27.500 uniformierten Polizisten in Bayern wurden aufgerufen, ihre abgetragenen Uniformen dafür zu spenden – es kam die unglaubliche Menge von 480 Tonnen Textilien zusammen.
Mit dem Material kann noch eine ganz schöne Zeit produziert werden. Rund 60 Menschen mit teilweise schweren Behinderungen sind in Straubing damit beschäftigt, aus den alten Uniformen modische Einzelstücke zu nähen. Die Einnahmen werden zwischen der Behindertenhilfe und der Bayerischen Polizeistiftung geteilt. Letztere erhielt seit dem Verkaufsstart der Modelinie im Herbst 2017 7600 Euro, erklärte Bayerns Innenminister Joachim Herrmann dieser Tage bei einer Zwischenbilanz in Nürnberg. Die Stiftung unterstützt Polizisten, die dienstunfähig geworden sind, oder Angehörige von im Dienst getöteten Beamten. Die Marke „110 2.0“ist in Bayern selbsterklärend, denn 110 ist die Notrufnummer der Polizei und 2.0 steht für die Wiederverwendung der alten Uniformen.
Die Kollektion von „110 2.0“verfügt auch über auffällige Details. Trageriemen bestehen zum Beispiel aus aneinandergenähten Hutbändern und alte Winterjacken sind zu Laptoptaschen umgearbeitet, geworben wird entsprechend mit „Polizeischutz für Ihren Laptop“. Deutsche Gründlichkeit kam ins Spiel, damit es bei den Trägern der „110 2.0“-Mode ja keine Verwechslungen mit aktuellen Uniformen gibt. „Maximal 30 Prozent eines Schriftzugs dürfen lesbar sein“, sagte Michael Siefener vom Sprecherdienst des bayerischen Innenministeriums. Bei den Abzeichen ist ein Symbol des Freistaats nicht erlaubt, die Sterne für den jeweiligen Dienstgrad des Ex-Uniformträgers schon.