Ex-Makler zu Millionenanklage: „Nicht schuldig in jedem Punkt“
Ein einst schillernder Immobilienentwickler soll Banken, Partner und Firmen um Millionen betrogen haben. Vor Gericht wies der Salzburger alle Vorwürfe zurück. Der Prozess könnte Jahre dauern.
Es ist ein Wirtschaftsprozess von großer Dimension, der am Donnerstag vor einem Schöffensenat (Vorsitz: Richterin Ilona Schalwich-Mozes) eröffnet wurde. Auf der Anklagebank sitzt ein einstiger Immobilienentwickler, -makler und Hausverwalter.
Der 62-jährige Salzburger, früher eine große Nummer in der Immobilienbranche und Gesellschafter bzw. Geschäftsführer von zuletzt zehn Firmen, soll zwischen 2009 und 2017 etliche Banken und Geschäftspartner sowie zwei Dutzend Gewerbetreibende und Dienstleister um 5,73 Millionen Euro betrogen haben. Die inkriminierten Betrugshandlungen, betont Oberstaatsanwalt Wilfried Kondert von der Wirtschaft- und Korruptionsstaatsanwaltschaft Wien, „beziehen sich auf die Finanzierung und Umsetzung von einem halben Dutzend großer Bauprojekte in der Stadt Salzburg, im Flachgau und in Oberösterreich“. Dem nicht genug, lastet der Oberstaatsanwalt dem Ex-Unternehmer auch betrügerische Krida mit einem zusätzlichen Schaden von 2,97 Mill. Euro an: Der Angeklagte habe zum Schaden von Gläubigern Firmenvermögen beiseitegeschafft und verheimlicht.
In der Anklage ist von einem „kriminellen System“die Rede, mit dem der Ex-Unternehmer vorgegangen sei. Spätestens 2008 sei er in finanzielle Turbulenzen geraten und habe Forderungen von Subfirmen aus diversen Bauprojekten nicht mehr begleichen können. Zudem hätten mehrere seiner Gesellschaften „akuten Finanzierungsbedarf“gehabt. Um aber weiter tätig sein zu können, habe sich der Angeklagte der „Loch-auf-Loch-zuMethode“bedient: Demnach erlangte der 62-Jährige wiederholt Kredite von Banken, indem er diesen vorgegaukelt habe, die gewährten Gelder würden in die Finanzierung des jeweils neuen Bauprojekts fließen. „Tatsächlich hat er die jeweils frischen Kredite zweckwidrig verwendet. Und zwar erstens zur Begleichung von Forderungen von Subfirmen aus alten Bauvorhaben, zweitens zur Weiterfinanzierung seiner in Geldnot steckenden Firmen und drittens zur Aufrechterhaltung seines privaten Lebensstils“, so Kondert. Nachsatz: „Der Angeklagte legte eine hohe kriminelle Energie an den Tag. Er hat Rechnungen gefälscht, Scheinrechnungen erstellt und falsche Überweisungszwecke angegeben. Dass es letztlich zum finanziellen Kollaps mehrerer Firmen kam, weil keine Kreditmittel mehr flossen, war vorhersehbar.“
Der Angeklagte wies alle Vorwürfe zurück: „Nicht schuldig. Zu jedem einzelnen Punkt.“Sein Verteidiger, RA Bernhard Kettl, betonte, dass die Anklage zu Unrecht von einer Loch-auf-Lochzu-Methode ausgehe: „Hier liegt kein kriminelles Löcherstopfen vor. Die Firmen meines Mandanten hatten sehr wohl Geld. Es liefen etliche Bauprojekte gleichzeitig. Man hat Firmen von ihm vorschnell in Konkurs geschickt.“Die Anklage, so Kettl, beruhe zudem auf oberflächlichen Recherchen; Berechnungen der Finanz seien ins Sachverständigen-Gutachten übernommen worden. Apropos oberflächliche Recherchen: Dazu gab die Richterin zu bedenken, „dass wir im Verfahren bei 26 Aktenbänden halten“.
Der Angeklagte ist eigenen Angaben nach nun als Angestellter tätig. Mit einem Einkommen von 2000 Euro monatlich. Angesicht der Verantwortung des 62-Jährigen kündigte die Richterin ein sehr lange dauerndes Verfahren an: „Wir werden wohl ein Mal im Monat verhandeln. Und jeden Punkt genau durchgehen.“
Der Angeklagte wurde im Zusammenhang mit seinem Firmengeflecht bereits zwei Mal strafgerichtlich verurteilt. Zum einen wegen Steuerhinterziehung. Und zum anderen, weil er von Rücklagen- und Betriebskostenkonten von – durch seine Firmen verwaltete – Wohnungseigentümergemeinschaften rund 2,6 Mill. Euro zweckwidrig verwendet hatte. – Der Prozess soll am 28. Mai fortgesetzt werden.
„Mir schwebt vor, ein Mal im Monat ganztägig zu verhandeln.“