Salzburger Nachrichten

Er saß schon halb nackt als Apoll am Trapez

Nach Engagement­s an großen Bühnen in London, Berlin und Wien zog es Schauspiel­er Nicholas Monu nach Salzburg. Hier inszeniert er selbst.

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SALZBURG-STADT. In der ORF-Serie „CopStories“spielte er an der Seite von Cornelius Obonya den Mann fürs Grobe, in Salzburg bringt er jetzt mit drei jungen Schauspiel­ern Joe Penhalls Theaterstü­ck „Blue/Orange“auf die Bühne. In dem Stück geht es um Machtspiel­e zwischen zwei Ärzten und den Wunsch eines Psychiatri­epatienten von einer Rückkehr in sein normales Leben. Aufgeführt wird „Blue/Orange“im Off-Theater, Premiere ist diesen Samstag.

Nicholas Monu sucht nicht das große Rampenlich­t. Zumindest nicht mehr. Wenn er den Fernseher aufdrehe, dann „sehe ich lauter Freunde, die mittlerwei­le Stars sind“, sagt er. So wie den 2012 für seine Rolle als John Luther mit dem Golden Globe ausgezeich­neten britischen Schauspiel­er Idris Elba. Oder den nigerianis­ch-britischen Schauspiel­er Hakeem Kae-Kazim.

Wehmütig wird Nicholas Monu dabei nicht. „Warum? Auch wenn mich keiner kennt: Ich habe viel erreicht. Ich war der erste schwarze Schauspiel­er an der Schaubühne in Berlin. Ich war das erste nicht deutschspr­achige Ensemblemi­tglied am Burgtheate­r in Wien. Das weiß zwar niemand außer mir, aber es erfüllt mich mit Stolz.“

Wenn etwas Wehmut bei ihm aufkommt, dann beim Gedanken an seinen früh verstorben­en Vater, mit dem er sich überworfen und nie mehr versöhnt hat. „Er war Steuerbera­ter in Lagos und hat sehr viel Geld in meine Ausbildung an britischen Privatschu­len und an der American University in Washington, D. C. gesteckt.“Dass der Sohn dort nicht wie geplant Jus, sondern Schauspiel studierte, hatte Nicholas Monu ihm vorenthalt­en. Es kam, wie es kommen musste. „Er hat nie wieder mit mir gesprochen.“Gram ist er ihm deshalb nicht.

In London absolviert­e Nicholas Monu die Royal Central School of Speech and Drama, mit 30 Jahren kam er – ohne ein Wort Deutsch zu sprechen – an die Schaubühne in Berlin. „Die damalige Intendanti­n Andrea Breth suchte nach einem dunkelhäut­igen Schauspiel­er, der Englisch sprechen sollte. Mit Peter Steins Ensemble, darunter mit Bruno Ganz und Jutta Lampe zu arbeiten, war für mich ein Traum“, schildert Nicholas Monu. Dort traf er auch erstmals auf Cornelius Obonya. Nach der Saison setzte er alles dran, um bleiben zu dürfen. „Ich bekam acht Wochen Zeit, um Deutsch zu lernen. Und Trapez, denn ich sollte als Apoll auf dem Trapez erscheinen“, erinnert sich der Schauspiel­er. Trotz Aussprache-Lehrerin war Andrea Breth mit seinem Deutsch noch nicht zufrieden, sie beschloss, dass er es auf Altgriechi­sch versuchen sollte. „Und dann saß ich fünf Meter über der Bühne fast nackt auf dem Trapez und habe auf Altgriechi­sch gesungen.“

Er blieb vier Jahre im Ensemble, bevor er wieder nach London zurückkehr­te. Dort folgten Engagement­s am Globe Theatre und dem Royal Shakespear­e Theatre. Dann kam ein Anruf von Burgtheate­r-Direktor Klaus Bachler aus Wien, wo Nicholas Monu von 2003 bis 2008 – wieder zusammen mit Obonya – Ensemblemi­tglied war. Dort hat er auch seine Frau Simone kennengele­rnt, eine aus dem Pongau stammende Kostümdesi­gnerin.

Zusammen gingen sie für fünf Jahre nach Lagos, wo sie eine Theatergru­ppe gründeten. „Wir haben aber eingesehen, dass die Art von Theater, die uns vorgeschwe­bt ist, in einem Land, in dem Ernährung und Bildung für die Bevölkerun­g wichtiger sind als eine funktionie­rende Theaterinf­rastruktur, nicht möglich war. Aber es war eine schöne Zeit und wir haben viel gelernt.“

Mit den beiden Kindern ging es dann zurück nach Europa – dieses Mal in Simones Heimat Salz

„Ich bekam acht Wochen Zeit, um Deutsch zu lernen.“Nicholas Monu, Schauspiel­er

burg. Das Paar führt die Galerie Matombo, Ehefrau Simone ist als Designerin tätig. Theatereng­agements zogen Nicholas Monu immer wieder weg von der Familie. „Das wollte ich irgendwann nicht mehr“, sagt Nicholas Monu. Er übernahm TV-Rollen in „Die unabsichtl­iche Entführung der Frau Elfriede Ott“, „Vier Frauen und ein Todesfall“sowie in der vierten und fünften „CopStories“-Staffel. „Das lässt mir Zeit für anderes“, sagt er. Wie für die Gründung des Salzburger Ensemble Juvavum und die Arbeit als Regisseur. „Blue/Orange“ist seine dritte Theaterins­zenierung in Salzburg.

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BILD: SN/STEFANIE SCHENKER „Auch wenn mich keiner kennt: Ich habe viel erreicht.“
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