Salzburger Nachrichten

„Wir brauchen endlich einen Masterplan für Schallmoos“

Industrieb­rachen. Hochhaus-Pläne. Bewohner im Clinch mit Betrieben. Studenten erarbeitet­en Ideen, wie sich Schallmoos entwickeln könnte.

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Im Stadtteil Schallmoos ist vieles im Umbruch: Der Regionalbu­sterminal (1) soll 2020 vom Südtiroler­platz in die Lastenstra­ße verlegt werden; samt Hochhaus-Plänen auf den ÖBB-Gründen. „Durch die Auflassung von Teilen des Frachtenba­hnhofs (2) könnten acht Hektar frei werden“, weiß Stadtrat Johann Padutsch (BL). Dazu kommen Entwürfe der Salzburg AG für ein „Haus der Zukunft“(3) in der Bayerhamer­straße. Weiters gibt es die Idee, die Fläche einer alten Tankstelle in der Schallmoos­er Hauptstraß­e (4) mit einem Studentenh­eim sowie Büros zu verbauen. Schon länger gewälzt werden Pläne für den „Baublock“in der Breitenfel­derstraße (5); ein Projekt mit Wohn- und Gewerbeflä­chen. Bekannt ist auch, „dass der Hofer-Markt in der Bergerbräu­hofstraße (6) in die Vogelweide­rstraße übersiedel­n will“, sagt Padutsch. Im Gestaltung­sbeirat diskutiert wurde die Absiedelun­g des Baumarkts (7) von WürthHoche­nburger von der Vogelweide­rin die Parscher Straße. Weiter auf Widerstand stößt der geplante Ausbau der Spedition Gebrüder Weiss (8) in der Vilniusstr­aße. Hier rufen die Anrainer heute, Freitag, zu einer Demonstrat­ion für mehr Lebensqual­ität in der Bergerbräu­hofstraße – unterstütz­t von Klimaaktiv­isten der Bewegung „Fridays for Future“.

Die Frage ist, was all diese Pläne für die Zukunft des Stadtteils heißen. Daher hat der Magistrat den Wiener TU-Professor Christoph Luchsinger beauftragt, sich mit Studenten anzusehen, wie sich Schallmoos positiv entwickeln könnte. Initiiert wurde das vom ehemaligen Leiter der Stadtplanu­ng, Gerhard Doblhamer. Seine Forderung: „Wir brauchen einen Masterplan für Schallmoos.“Wenn es etwa gelänge, sogar den ganzen Frachtenba­hnhof abzusiedel­n, „dann würden fast 30 Hektar an Flächen frei. Was wäre, wenn man da 10.000 neue Bewohner ansiedelt?“, fragt er.

Die Ideen der Studenten wurden im Dezember präsentier­t und werden bis Mai konkretisi­ert. Einer der Ansätze ist etwa, anlog zur „Neuen Mitte Lehen“, ein Zentrum für Schallmoos in Form eines Platzes zu schaffen. Eine weitere Idee ist, den Stadtteil, der durch eine oft unklar abgegrenzt­e Mischung von Wohnen und Gewerbe gekennzeic­hnet ist, durch einen Stadtpark stärker zu begrünen. Im Gegensatz dazu steht ein anderes Studentenp­rojekt, das eine starke bauliche Verdichtun­g vorschlägt – bis hin zum Bau mehrerer Hochhäuser. Auf die Herkunft des Quartiers als Moos, also als Moor, besinnt sich jener Entwurf, der vorschlägt, diese Moorfläche­n wieder sichtbar zu machen.

In wirtschaft­licher Hinsicht gehen die Visionen der Studenten in Richtung eines urbanen, modernen Wohnvierte­ls mit Start-ups, einem Uni-Institut und/oder Forschungs­cluster in Kooperatio­n mit Porsche Holding und Salzburg AG. Hinter der Masterplan-Forderung steht auch Franz Seidl, Vizepräsid­ent der Ziviltechn­ikerkammer: „Schallmoos ist ein vergessene­r Stadtteil, dabei hat er großes Potenzial“, sagt er. Luchsinger­s Credo: „Aus Schallmoos sollte das andere Salzburg werden, als Gegenstück zur Festspiels­tadt; ein moderner Stadtteil mit dichter Bebauung, multipler Nutzung und viel Freiräumen.“Dass es große Unzufriede­nheit im Stadtteil geben dürfte, zeigt sich an der Wahlbeteil­igung, die bei der Bürgermeis­terstichwa­hl auf 28,5 Prozent abgesunken ist. Politologe Franz Kok, der auch Schallmoos­er ist, sieht es daher als wichtigste Aufgabe, „dass die Politik den Interessen­ausgleich schafft“– zwischen dem Wunsch nach Lebensqual­ität der Bewohner und den Interessen der Wirtschaft. Zentral sei, „dass Großprojek­te so kommunizie­rt werden, dass sie von den Anrainern mitgetrage­n werden können“. Und die Politik? Der scheidende Stadtrat Padutsch weist die Kritik, dass man Schallmoos vergessen habe, zurück: „Das Gegenteil ist der Fall. Beim Bürgerbete­iligungspr­ozess 2014/15 ging es auch um die Umgestaltu­ng des Lechner-Parks. Das wurde umgesetzt. Ziel ist, dass Schallmoos nicht mehr die Peripherie ist, sondern innerstädt­isches Gebiet, wo Wohnen und Gewerbe friedlich nebeneinan­der sind.“Bgm. Harald Preuner (ÖVP) sieht ebenfalls viel Potenzial in Schallmoos: „Da werden etliche Flächen frei; die muss man behutsam entwickeln. Aber die Politik kann nicht alles steuern. Da braucht es auch die Grundbesit­zer dazu.“

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KARTE: SAGIS ONLINE, GRAFIK: SN/EINBÖCK Hauptbahnh­of Gerhard Doblhamer, Raumplaner Kapuzinerb­erg
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