Nervensache
Red Bull Salzburg ist als überlegener Tabellenführer frei von allen Sorgen. Dahinter entwickelt sich ein spannender Showdown um die Europacup-Plätze und ein erbitterter Kampf gegen den Abstieg.
SALZBURG. Marco Rose hat schon bessere Spiele seiner Mannschaft gesehen, dennoch war der Trainer von Red Bull Salzburg nach dem 3:1Heimsieg gegen den WAC „glücklich“und „zufrieden“. Und das völlig zu Recht: Denn obwohl die Bullen im Vergleich zu so vielen anderen glanzvollen Auftritten in der Red-Bull-Arena diesmal behäbiger wirkten und in der Offensive deshalb auch lange zu harmlos waren, ist man mit dem Dreier gegen den WAC dem sechsten Bundesliga-Titelgewinn in Folge einen Riesenschritt näher gekommen. Salzburgs Profis zeigen offenbar nie Nerven, sie drehten das verloren geglaubte Spiel nach 0:1-Rückstand dank dreier Tore innerhalb von fünf Minuten in der Schlussphase noch in ein 3:1 um.
Der Vorsprung auf Verfolger LASK (1:2-Heimniederlage gegen Sturm Graz) beträgt inzwischen komfortable zwölf Punkte. Was bedeutet: Sollten die Bullen auch am Sonntag (14.30 Uhr) im Meistergruppen-Rückspiel gegen den WAC gewinnen, ist der Titel vier Runden vor Schluss eingesackt. Sollte der LASK wieder verlieren, könnte sich Salzburg in der Kärntner LavanttalArena sogar eine Niederlage leisten und wäre trotzdem Meister, weil man aufgrund der Punkteteilung (von 55 abgerundet auf 27) einen Vorteil gegenüber dem LASK (46 auf 23) hätte. Im theoretischen Fall eines Gleichstands zum Saisonende würde dann nicht die Tordifferenz, sondern dieser eine Bonuspunkt zählen.
Kurios: Durchaus möglich ist, dass Salzburgs Team den zehnten Meistertitel in der Red-BullÄra am Sonntag während der Heimfahrt im Mannschaftsbus feiern muss. Das Spiel Sturm Graz gegen LASK beginnt erst um 17 Uhr und damit eine halbe Stunde nach Schlusspfiff beim WAC. Wo und wann man letztlich Meister wird, das sind aktuell die einzigen Probleme von Red Bull Salzburg. Weitaus größer sind die Sorgen da schon bei der Konkurrenz, wenngleich in völlig unterschiedlicher Ausprägung.
Der LASK beispielsweise ist mittlerweile seit fünf Pflichtspielen sieglos. In die sportliche Minikrise mischt sich die Ungewissheit, wer den zum VfL Wolfsburg abwandernden Erfolgstrainer Oliver Glasner beerben wird. Erster Anwärter dafür ist just WAC-Coach Christian Ilzer, der mit seinen „Wölfen“dem LASK noch Platz zwei und damit den Startplatz in der ChampionsLeague-Qualifikation streitig machen könnte. Der Rückstand beträgt sechs Punkte, aber wer den WAC in Salzburg spielen gesehen hat, der weiß: Das ist eine intakte Mannschaft, die cleveren Fußball spielt. Auch Platz drei in der Endabrechnung wäre für Ilzer und seinen WAC ein Riesenerfolg und würde das Ticket für die Europa League bedeuten. Wenn Red Bull Salzburg Cupsieger werden sollte, ist der Tabellendritte sogar fix in der Gruppenphase der Europa League vertreten. Der Vierte und Fünfte matchen sich mit dem Sieger der Qualifikationsgruppe, der aller Voraussicht nach Rapid heißen wird, in einem Bundesliga-Play-off um einen weiteren Europa-League-Startplatz.
Spannung ist auch am Ende der Tabelle garantiert: Fünf Runden vor Schluss läuft alles auf einen Zweikampf zwischen Wacker Innsbruck und Hartberg hinaus. Beide Mannschaften haben zuletzt den enormen Druck beklagt. In der übernächsten Runde kommt es zum direkten Duell und damit zum finalen Showdown im Abstiegskampf. Wer hat die besten Nerven?