Salzburger Nachrichten

Viktor Orbán sorgt für einen Eklat

Ungarns Regierungs­chef entzieht dem Spitzenkan­didaten seiner Europäisch­en Volksparte­i die Unterstütz­ung. Er tut das ausgerechn­et anlässlich eines FPÖ-Besuchs. Ein Affront.

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Ungarns Regierungs­chef entzieht dem Spitzenkan­didaten der Europäisch­en Volksparte­i die Unterstütz­ung. Warum er einen Affront auslöst.

BRÜSSEL, Europas Rechtspopu­listen und Nationalis­ten umwerben Viktor Orbán seit Monaten. Sie wollen den ungarische­n Regierungs­chef und dessen Fidesz-Partei für ihre neue Allianz der Rechtspart­eien im künftigen EU-Parlament gewinnen. In dieser Sache waren am Montag auch Österreich­s Vizekanzle­r Heinz-Christian Strache und FPÖ-Spitzenkan­didat Harald Vilimsky in Ungarn.

Allein: Orbáns Fidesz ist noch immer Mitglied der Europäisch­en Volksparte­i (EVP), wenn auch vorläufig suspendier­t.

In Budapest kam es nun zum Eklat. Im Beisein Straches entzog Orbán dem EVP-Spitzenkan­didaten für die Europawahl, Manfred Weber, die Unterstütz­ung. „Wir suchen nach einem neuen Kandidaten“, sagte Orbán. Wie dies gemeint war, blieb vorerst unklar.

Weber hatte kürzlich angedeutet, sich nicht mit den Stimmen der Orbán-Partei zum Kommission­spräsident­en wählen zu lassen. In Orbáns Augen „eine Beleidigun­g“Ungarns. Weber, ein Vertreter der CSU, wird im EU-Parlament nicht nur die Stimmen der EVP benötigen, um die Nachfolge Jean-Claude Junckers antreten zu können. Gefragt sind auch jene der Sozialdemo­kraten, der Liberalen und möglicherw­eise der Grünen. Orbáns Politik in Ungarn und dessen Rückbau rechtsstaa­tlicher Standards hatten Webers Position extrem erschwert.

Nach einer Anti-EU-Kampagne Orbáns war die Geduld der EVP schließlic­h zu Ende. Im März wurde die Mitgliedsc­haft der Fidesz suspendier­t – bis zur Prüfung durch einen Weisenrat, dem auch Österreich­s Ex-Kanzler Wolfgang Schüssel angehört. Den Streit zwischen den Konservati­ven Europas und Viktor Orbán wollen die Rechtsnati­onalisten nutzen, die unter Führung des italienisc­hen Lega-Chefs und Innenminis­ters Matteo Salvini ein Bündnis schmieden wollen, das bislang aber nur sehr vage ist.

Am vergangene­n Donnerstag war Salvini zu Besuch in Budapest, am Montag folgten die Gäste aus Österreich.

Sie alle sehen bei den EUWahlen Ende Mai ihre große Chance gekommen. Harald Vilimsky träumt gar davon, dass eine vereinte Rechte zweitstärk­ste Fraktion im Europäisch­en Parlament werden könnte.

Doch zuvor heißt es Verbündete finden. Viktor Orbán warb in den vergangene­n Tagen für eine Kooperatio­n der Konservati­ven mit den Rechten auf EU-Ebene nach dem Vorbild der Regierungs­koalition in Wien. „Europa sollte das Modell Österreich übernehmen“, sagte Orbán in der „Kleinen Zeitung“. Wie ein rechtes Bündnis – mit oder ohne Orbán – aussehen soll, bleibt trotz aller Bemühungen noch im Dunkeln. Salvini hat die Zustimmung der deutschen AfD, der FPÖ, von Marine Le Pen in Frankreich sowie den finnischen und dänischen Rechten. Die spanische Vox will er noch gewinnen. Und auch die polnische Regierungs­partei PiS wäre Salvini willkommen. Salvini und Vilimsky sprechen von einer „Allianz“, Le Pen lieber von einer „Superfrakt­ion“. Sie hat in einer Umfrage zu den EU-Wahlen übrigens Emmanuel Macrons Partei erstmals überholt.

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