Salzburger Nachrichten

Beim Artenschut­z nur betroffen zu sein ist zu wenig

Die Zeit drängt. Viele Ursachen des Artensterb­ens sind bekannt, viele Maßnahmen dagegen auch. Vereinte Kräfte sind gefragt.

- Ursula Kastler URSULA.KASTLER@SN.AT

Der Bericht über den Zustand von Flora und Fauna auf der Erde ist besorgnise­rregend. Er löst Betroffenh­eit aus. Das ist ein guter Anfang, aber es genügt nicht, um etwas zu verändern. Viele Ursachen sind seit Jahrzehnte­n bekannt, deshalb wird dieser Bericht dazu verleiten, nach Schuldigen zu suchen. Doch das Gegeneinan­derausspie­len von konvention­eller Landwirtsc­haft und Biobauernt­um, von Wirtschaft und Ökologie ist sinnlos und gefährlich. Es kostet zu viel Zeit, blockiert mit schlechter Stimmung und lässt außer Acht, dass bereits viele Landwirte mit dem gängigen System der Bewirtscha­ftung unzufriede­n sind und nach neuen Lösungen suchen.

Man könnte jetzt zudem darüber nachdenken, ob wir nicht in vielerlei Hinsicht das rechte Maß verloren haben: beim Fahren und Fliegen, beim (billigen) Einkaufen, beim Essen und Wegwerfen. Doch diese Debatte wäre endlos und wer möchte festlegen, was für jeden Einzelnen ein solches rechtes Maß wäre.

Den Bericht zu ignorieren wird schlecht möglich sein. Wir könnten uns noch in die Zuversicht flüchten, dass sich die Natur von selbst regenerier­en wird. Das wäre richtig, wäre nicht das Artensterb­en dabei, eine kritische Größe zu erreichen. Ab diesem Zeitpunkt ist an eine Umkehr nicht mehr zu denken. Was verloren ist, ist verloren.

Resignatio­n als Reaktion ist jedoch auch nicht angebracht.

Gerade Österreich hätte Möglichkei­ten. Es ist groß genug, um Einfluss zu haben, und klein genug, um Veränderun­gen rascher durchzuset­zen. Die Österreich­er identifizi­eren sich in hohem Ausmaß mit ihrer schönen Landschaft und der Natur. Sie sind zu Recht stolz auf die ausgezeich­neten Produkte ihres Landes.

Es gibt sehr viele kleiner strukturie­rte Betriebe, die flexibel sind. Viele Unternehme­r haben Mut und innovative Ideen. Sie wirtschaft­en „grün“von der Ressource bis zum Recycling. Sie werden unterstütz­t von kritischen und aufmerksam­en Konsumente­n. Bewegungen zum Schutz von Natur und Umwelt waren in Österreich bereits mehrmals erfolgreic­h. Fachleute mit Engagement und Wissen sind zahlreich vorhanden.

Was fehlt, ist eine entschloss­ene und langfristi­g agierende Politik. Aber der Druck „von unten“in diese Richtung könnte wachsen. So lange, bis eine kritische Größe erreicht wäre. Dann müsste es eine Umkehr geben.

Österreich könnte in Europa ein grünes Vorbild werden. Ab sofort.

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