„Spuck“-Affäre: Direktor gerät unter Beschuss
Nach einer Rangelei zwischen Lehrer und Schüler hegt der Volksanwalt den Verdacht, der Direktor habe die Aufsichtspflicht verletzt.
Die „Spuck“-Affäre an der HTL Wien-Ottakring könnte auch für den Direktor der Schule Konsequenzen haben. Volksanwalt Peter Fichtenbauer leitet ein amtswegiges Prüfverfahren wegen Verdachts auf grobe Verletzung der Aufsichtspflicht ein: Dabei wird vor allem untersucht, ob der Direktor seine Leitungsfunktion wahrgenommen hat.
„Liest man die Berichte über den Vorfall, scheinen bei allen Beteiligten die Sicherungen durchgebrannt zu sein“, so der Volksanwalt. „Aufgeklärt werden muss, wie lange diese Zustände schon bekannt waren und, ob und inwieweit es sich um eine Intrige der Schüler gegen den Lehrer handelt.“
Im Internet kursierende Videos zeigen, wie ein Schüler den Lehrer offenbar provoziert und von diesem dann bespuckt wird. Der Jugendliche revanchiert sich darauf mit einem Stoß gegen die Tafel, bevor andere Schüler einschreiten. Auf einem anderen Video ist zu sehen, wie sich ein Schüler im Unterricht eine Zigarette dreht und diese auch anzündet.
Der überforderte Lehrer sei von dieser Klasse abgezogen, der gewalttätige Jugendliche vom Unterricht suspendiert worden, sagte der Wiener Bildungsdirektor Heinrich Himmer am Montag. Derzeit befinde sich der HTL-Lehrer im Krankenstand, weshalb er zu den Vorfällen noch nicht befragt werden konnte. Er ist ein Quereinsteiger für den fachpraktischen Unterricht und war erst seit September 2018 im Schuldienst.
Himmer kündigte an, eine unabhängige Kommission solle die genauen Umstände des handgreiflichen Konflikts klären. Sowohl Bildungsministerium als auch Personalvertretung sollen Mitglieder entsenden. „Wir wollen gar nicht erst den Eindruck entstehen lassen, dass es um eine Reinwaschung geht oder eine interne Lösung, die nicht an die Oberfläche kommen soll“, berichtete Himmer nach einem Besuch der Schule. „Das muss sich jemand ansehen, der neutral draufschauen kann.“In spätestens zwei Wochen soll der Bericht fertig sein. Himmer betonte, der Direktor besitze sein volles Vertrauen.
Sein Vertrauensvorschuss steht im Gegensatz zu einer Internetinitiative, die sich am Wochenende formierte und den Rücktritt des Direktors fordert – mehr als 11.000 Menschen folgen der Seite auf Facebook bereits. Sie sehen ein Fehlverhalten des Direktors, der über die Vorfälle Bescheid gewusst und nicht gehandelt haben soll.
Auch Bundesschulsprecher Timo Steyer ortet im APA-Gespräch eine zu langsame Reaktion der Schule auf den SchülerLehrer-Konflikt. „Wir haben von Freunden mitbekommen, dass es dort schon länger Brenzligkeiten gab. Wer auch immer der Verursacher ist – man hätte früher eingreifen müssen.“
Im Bildungsministerium arbeiten Pädagogen, Psychologen und Juristen ebenfalls intensiv an einem Konzept, wie Mobbing und Gewalt an Schulen eingedämmt werden können. Es gehe auch darum, inwieweit soziale Medien die Situation zusätzlich anheizten, sagt Martha Brinek, Sprecherin des Bildungsministeriums. Das Problem: Es gibt keine validen Daten, wie intensiv Schulleiter ihre Aufsichtspflicht wahrnehmen und entsprechend Konsequenzen ziehen.