Lauschangriff auf Ibiza „Des is ka Falle“
Die Gerüchte über die möglichen Hintermänner des Strache-Videos gehen in alle möglichen Richtungen. Wer hat die Macht und das Geld, um eine solche Videofalle zu initiieren? Was die Abhörprofis der Republik dazu sagen.
Wer hat die Macht und das Geld, um diese Videofalle zu initiieren? Die SN sprachen mit Abhörprofis dazu. Ein Countdown befeuert Theorien über neue Veröffentlichungen.
Ein Geheimdienst? Die SPÖ? Ein deutscher Satiriker? Ein Künstlerkollektiv? Oder gar die ÖVP? Seit Bekanntwerden des Videos, auf dem Heinz-Christian Strache und Johann Gudenus in einer Villa auf Ibiza mit einer angeblichen russischen Oligarchin über die Machtübernahme in Österreich sprechen, fragt sich die Republik: Wer hat dieses Video gemacht?
Ein Video, das im Jahr 2017 in einer gemieteten Villa auf Ibiza aufgenommen worden war und dieser Tage Österreichs Politik in ein Chaos stürzt. Nur wenige Minuten nach der Veröffentlichung der Aufnahmen durch den „Spiegel“und die „Süddeutsche Zeitung“wurden in den sozialen Netzwerken (Verschwörungs-)Theorien über mögliche Urheber des Videos gewälzt.
Immer mehr deutet darauf hin, dass der Lauschangriff auf Strache und Gudenus professionell organisiert wurde. Das ergibt sich aus mehreren Gesprächen, die Experten und hohe Beamte aus dem österreichischen Sicherheitsapparat mit den SN führten. Der Grund für diese Annahme ist nicht die verwanzte Luxusvilla auf Ibiza: „Technisch ist das heutzutage sehr leicht zu installieren“, sagt ein Experte, der anonym bleiben will. Tatsächlich sind Minikameras und versteckte Mikrofone im SmartphoneZeitalter leicht zu besorgen und einzubauen. Auf dem Video aus dem Wohnzimmer der Villa, wo sich Strache in Rage redet, ist nach einem Perspektivenwechsel gar ein kleines Kästchen zu sehen, von dem ein Kabel weggeht. „Ist das die Kamera?“, fragen sich viele in den sozialen Netzwerken. Auf den ersten Blick sieht das Gerät wie ein Radiowecker aus. Im Internet findet man zahlreiche Angebote von Minikameras. Auch ein Modell, das jenem Kästchen auf dem Video ähnelt, gibt es. Der Preis für die als Wecker getarnte „Spy Cam“: 39,89 Euro.
Rein technisch ist die Videofalle also kein Problem. „Die Kunst“, so der Geheimdienst-Experte, „ist die Einfädelung des Treffens.“Und hier dürften Vollprofis am Werk gewesen sein. „Die Person, die in eine solche Falle gelockt wird, muss großes Vertrauen in die Lockvögel haben, um in einer fremden Umgebung so frei zu sprechen“, sagt ein weiterer Experte.
Um dieses Vertrauen aufzubauen, müsse man viele persönliche Dinge über den Betroffenen wissen. „Das geht vom Lieblingsgetränk bis hin zur Frage: Wie tickt der Mann? Welchen Menschen würde er sich anvertrauen? Welche Frauen findet er hübsch?“Nachrichtendienste würden genau solche Dinge herausfinden. Außerdem brauche man Schauspieler, die auch in so einer Situation agieren könnten und sich nichts anmerken ließen. „Das alles ist mit hohen Kosten verbunden“, so ein Geheimdienstler.
Wirklich überprüft dürften die FPÖ-Politiker den Lockvogel nicht haben. Die angeblich reiche Russin mit Namen Aljona Makarowa soll angegeben haben, die Nichte des Gasoligarchen Igor Makarow zu sein. Der hat laut Medienberichten allerdings gar keine Nichte. Auch der Kreml teilte am Montag mit, die Dame auf den Videos nicht zu kennen. Kurz wurde der damalige FPÖChef Strache bei dem Treffen im Jahr 2017 auf Ibiza tatsächlich skeptisch. In einem kurzen Moment sagte er zu seinem Vertrauten Johann Gudenus: „Falle, Falle, eine eingefädelte Falle.“Gudenus beruhigt: „Des is ka Falle.“
Neben der Variante, dass tatsächlich ein Geheimdienst hinter dem Video stecken könnte, verdichten sich auch Hinweise auf eine mögliche andere Urheberschaft: Am Montag hat der deutsche Satiriker Jan Böhmermann (über ihn wurde bereits spekuliert, dass er der Urheber sein könnte) einen Link verschickt: dotheyknowitseurope.eu. Klickt man auf die Seite, sieht man einen Countdown, der am Mittwoch endet. Fans von Böhmermann vermuten, dass so neue Enthüllungen in der Ibiza-Affäre angekündigt werden. Immerhin steht im Quellcode der Homepage: „Ibiza“.
Spekuliert wird auch, ob das aktionistische Kunstprojekt „Zentrum für Politische Schönheit“hinter dem Video stecken könnte. Die Aktivisten aus Deutschland hatten auf dem Kurznachrichtendienst Twitter als Erste einen Account beworben, der ein weiteres Video veröffentlichte. Der Username lautet: @kurzschluss14.