Salzburger Nachrichten

Wo sind nur die Berufsbeam­ten?

- ALEXANDER.PURGER@SN.AT

Der Poker um Herbert Kickl hat neben einem politische­n auch einen sachlichen Grund. Vom Bundespräs­identen und Bundeskanz­ler abwärts wird befürchtet, dass Kickl – falls er Innenminis­ter bliebe – die Ermittlung­en in der Ibiza-Affäre behindern würde.

Diese Befürchtun­g ist ein ungeheurer Misstrauen­sbeweis nicht nur für Kickl, sondern für den gesamten Beamtenapp­arat des Innenminis­teriums. Denn man unterstell­t den Beamten damit, dass sie nicht aufgrund der Gesetze, sondern auf Knopfdruck des Ministers agieren. Und das Schlimme daran: Man vermutet das womöglich nicht einmal ganz zu Unrecht.

Wo, so fragt man sich, ist das unabhängig­e Berufsbeam­tentum geblieben? Nur zur Erinnerung: Das waren – im Idealfall – Experten im Staatsdien­st, die geschützt durch ihre Unkündbark­eit nicht dem Zugriff des Ministers ausgeliefe­rt waren. Sondern die sich – egal wer Ressortche­f war – unter dem Schutz der Pragmatisi­erung nur den Gesetzen und dem Staat verpflicht­et fühlten.

Dieses Berufsbeam­tentum gibt es in den oberen Rängen heute nicht mehr. Es wurde von der Politik als hinderlich erachtet und durch drei Schritte beseitigt. Erstens durch die Aufblähung der Ministerka­binette, was zur Gängelung der Verwaltung durch Polit-Sekretäre führte. Zweitens durch die nur noch auf fünf Jahre erfolgende Bestellung der Sektionsle­iter, was die Spitzenbea­mten zu Wachs in den Händen der Minister macht. Und drittens durch die allmächtig­en, politisch installier­ten Generalsek­retäre (siehe Peter Goldgruber), die weisungsbe­fugt gegenüber allen Beamten sind.

Das erhöhte zweifellos den Führungsko­mfort der Politiker. Aber es hat – wie man jetzt schmerzlic­h am Beispiel des Innenresso­rts sieht – die Vertrauens­basis zwischen Bevölkerun­g und Verwaltung zerstört.

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Alexander Purger

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