Wo sind nur die Berufsbeamten?
Der Poker um Herbert Kickl hat neben einem politischen auch einen sachlichen Grund. Vom Bundespräsidenten und Bundeskanzler abwärts wird befürchtet, dass Kickl – falls er Innenminister bliebe – die Ermittlungen in der Ibiza-Affäre behindern würde.
Diese Befürchtung ist ein ungeheurer Misstrauensbeweis nicht nur für Kickl, sondern für den gesamten Beamtenapparat des Innenministeriums. Denn man unterstellt den Beamten damit, dass sie nicht aufgrund der Gesetze, sondern auf Knopfdruck des Ministers agieren. Und das Schlimme daran: Man vermutet das womöglich nicht einmal ganz zu Unrecht.
Wo, so fragt man sich, ist das unabhängige Berufsbeamtentum geblieben? Nur zur Erinnerung: Das waren – im Idealfall – Experten im Staatsdienst, die geschützt durch ihre Unkündbarkeit nicht dem Zugriff des Ministers ausgeliefert waren. Sondern die sich – egal wer Ressortchef war – unter dem Schutz der Pragmatisierung nur den Gesetzen und dem Staat verpflichtet fühlten.
Dieses Berufsbeamtentum gibt es in den oberen Rängen heute nicht mehr. Es wurde von der Politik als hinderlich erachtet und durch drei Schritte beseitigt. Erstens durch die Aufblähung der Ministerkabinette, was zur Gängelung der Verwaltung durch Polit-Sekretäre führte. Zweitens durch die nur noch auf fünf Jahre erfolgende Bestellung der Sektionsleiter, was die Spitzenbeamten zu Wachs in den Händen der Minister macht. Und drittens durch die allmächtigen, politisch installierten Generalsekretäre (siehe Peter Goldgruber), die weisungsbefugt gegenüber allen Beamten sind.
Das erhöhte zweifellos den Führungskomfort der Politiker. Aber es hat – wie man jetzt schmerzlich am Beispiel des Innenressorts sieht – die Vertrauensbasis zwischen Bevölkerung und Verwaltung zerstört.