Salzburger Nachrichten

Wenn Experten Minister werden

Unabhängig­e in der Regierung bleiben von den Parteien abhängig.

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WIEN. Ministerpo­sten sind ein zu rares und wertvolles Gut, als dass die Parteien sie gern mit Personen von außen teilen. Es müssen also schon ganz besondere Umstände eintreten, damit unabhängig­e Experten zu Ministereh­ren kommen.

So geschehen 2011 in Italien, als unter der Leitung von Mario Monti eine Regierung aus unabhängig­en Fachleuten antrat, um die notwendige­n harten Reformen durchzufüh­ren, über die sich die Politiker Italiens nicht drüber trauten.

Kaum hatte die Technokrat­enregierun­g ihr Reformprog­ramm durchgezog­en, übernahmen wieder die Parteien das Ruder. Nach eineinhalb Jahren war das Kabinett Monti Geschichte. Das zeigt die Verletzlic­hkeit von Experten in der Regierung: Sie können nur überleben, solange es die Parteien wollen.

In Österreich war es in den Zeiten der Monarchie und der Ersten Republik gang und gäbe, dass Spitzenbea­mte zu Ministereh­ren kamen oder gar Regierungs­chef wurden. In der Zweiten Republik wurden Experten nur selten für Regierungs­ämter herangezog­en, und das vor allem im Justizmini­sterium.

1987 wurde der parteilose Sektionsch­ef im Justizmini­sterium, Egmont Foregger, Justizmini­ster. Vorgeschla­gen hatte den unabhängig­en Experten die ÖVP, da sie befürchtet­e, dass ein SPÖ-Justizmini­ster die damaligen SPÖ-Skandale (Lucona, Noricum) nicht ordentlich aufarbeite­n würde. Foregger tat es. 1990 verhindert­e aber ein SPÖ-Veto die Verlängeru­ng seiner Ministersc­haft. Das Justizmini­sterium blieb in unabhängig­er Hand: Nikolaus Michalek, Präsident der Notariatsk­ammer, leitete es bis 2000.

Auch das Finanzmini­sterium wurde kurz von einem unabhängig­en Beamten geführt. Der Leiter der Budgetsekt­ion, Eduard Heilingset­zer, amtierte von 1960 bis 1961.

Zuletzt wurde die Idee eines Expertenka­binetts bei der Regierungs­bildung 1999/2000 erörtert. Bundespräs­ident Thomas Klestil wollte damit das Verhandlun­gspatt zwischen SPÖ und ÖVP auflösen und eine schwarz-blaue Regierung verhindern. Er fand für diese Lösung aber keine Mehrheit.

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