Salzburger Nachrichten

Sind Fragen unerwünsch­t?

- MARIAN.SMETANA@SN.AT

Bundespräs­ident Alexander Van der Bellen tat es, Bundeskanz­ler Sebastian Kurz tat es und sogar Strache-Nachfolger Norbert Hofer tat es. Sie lobten angesichts der Ibiza-Affäre die Arbeit der Medien. Van der Bellen und Hofer sprachen gar von der „Vierten Macht“. So weit die Theorie. – In der Praxis ging die Regierungs­und Staatsspit­ze mit der Presse in den vergangene­n Tagen meist anders um. Bei nur einer der zig Pressekonf­erenzen waren Journalist­enfragen erlaubt. Dabei gäbe es so viele Fragen.

Journalist­en, Zeitungsle­ser und Wähler, die am Wochenende wissen wollten, was der Kanzler über die rot-weiß-rote Staatskris­e denkt, mussten ein deutsches Blatt aufschlage­n. Dass sich Kurz gern von einem „Bild“-Journalist­en zum „Ösibeben“interviewe­n ließ, der auch die Biografie des Kanzlers geschriebe­n hat, ist vielleicht persönlich verständli­ch, staatsmänn­isch ist das nicht.

In erster Linie sollte die Staatsspit­ze den Österreich­ern das innenpolit­ische Chaos ausführlic­h erklären, und den Wahlkampf hintanstel­len. Sich kritischen Fragen zu stellen (auch zu der Koalition mit der FPÖ) gehört zum Job eines Kanzlers. Das hat er spät, aber doch erkannt, als er am Montag erstmals Fragen zuließ.

Natürlich. Die Republik ist in der Krise, es gibt viel zu tun in der Präsidents­chaftskanz­lei, im Bundeskanz­leramt und in den Parteizent­ralen, aber: „Journalist­en müssen fragen dürfen“, das stellte die Präsidenti­n von Reporter ohne Grenzen, Rubina Möhring, am Montag völlig richtig fest. Man kann hinzufügen: „Vor allem in der Krise.“Immerhin betrifft sie uns alle.

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Marian Smetana

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