Sind Fragen unerwünscht?
Bundespräsident Alexander Van der Bellen tat es, Bundeskanzler Sebastian Kurz tat es und sogar Strache-Nachfolger Norbert Hofer tat es. Sie lobten angesichts der Ibiza-Affäre die Arbeit der Medien. Van der Bellen und Hofer sprachen gar von der „Vierten Macht“. So weit die Theorie. – In der Praxis ging die Regierungsund Staatsspitze mit der Presse in den vergangenen Tagen meist anders um. Bei nur einer der zig Pressekonferenzen waren Journalistenfragen erlaubt. Dabei gäbe es so viele Fragen.
Journalisten, Zeitungsleser und Wähler, die am Wochenende wissen wollten, was der Kanzler über die rot-weiß-rote Staatskrise denkt, mussten ein deutsches Blatt aufschlagen. Dass sich Kurz gern von einem „Bild“-Journalisten zum „Ösibeben“interviewen ließ, der auch die Biografie des Kanzlers geschrieben hat, ist vielleicht persönlich verständlich, staatsmännisch ist das nicht.
In erster Linie sollte die Staatsspitze den Österreichern das innenpolitische Chaos ausführlich erklären, und den Wahlkampf hintanstellen. Sich kritischen Fragen zu stellen (auch zu der Koalition mit der FPÖ) gehört zum Job eines Kanzlers. Das hat er spät, aber doch erkannt, als er am Montag erstmals Fragen zuließ.
Natürlich. Die Republik ist in der Krise, es gibt viel zu tun in der Präsidentschaftskanzlei, im Bundeskanzleramt und in den Parteizentralen, aber: „Journalisten müssen fragen dürfen“, das stellte die Präsidentin von Reporter ohne Grenzen, Rubina Möhring, am Montag völlig richtig fest. Man kann hinzufügen: „Vor allem in der Krise.“Immerhin betrifft sie uns alle.