Salzburger Nachrichten

HC Straches „Schnapside­e“

Bauaufträg­e umzulenken, wie das Ex-Vizekanzle­r Heinz-Christian Strache wollte, geht nicht. Das verstieße gegen das Bundesverg­abegesetz, sagen Experten.

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WIEN. Nach Vorstellun­g von ExVizekanz­ler Heinz-Christian Strache sollte der Baukonzern des Industriel­len Hans Peter Haselstein­er, die Strabag, keine Aufträge mehr bekommen, wenn die FPÖ an die Macht kommt. „Das Erste in einer Regierungs­beteiligun­g, was ich heute zusagen kann, ist: Der Haselstein­er kriegt keine Aufträge mehr“, sagte Strache in dem 2017 auf Ibiza geheim aufgezeich­neten Video über den Marktführe­r im Hoch- und Tiefbau in Österreich. Die angebliche Oligarchen­nichte solle doch eine Baufirma gründen, die zum Zug kommen würde, wenn sie die FPÖ unterstütz­e.

Nach dem Bundesverg­abegesetz sei „Schiebung“oder politische Einflussna­hme nicht möglich, heißt es aus einem großen öffentlich­en Unternehme­n. Jedenfalls nicht ohne kriminelle Machenscha­ften, die nie ganz auszuschli­eßen seien. In Beamtenkre­isen heißt es zu Straches Andeutunge­n sehr lapidar: „Eine Schnapside­e.“

Öffentlich­e Aufträge müssen ab einem Wert über 100.000 Euro in einem formalisie­rten Verfahren EU-weit ausgeschri­eben werden. Die Anbote werden zu einem fixierten Zeitpunkt, mitunter im Beisein eines Notars, geöffnet. Bei Bauaufträg­en zählt seit 2016 nicht nur der günstigste Preis, sondern es zählen auch Dutzende Umwelt und Sozialkrit­erien – die aber ohnehin meist erfüllt sind. Um Unternehme­n auszuschli­eßen, braucht es handfeste Gründe, die auch bei einem Einspruch halten. Die größten öffentlich­en BauAuftrag­geber sind ÖBB und die Autobahnun­d Schnellstr­aßenfinanz­ierungsges­ellschaft Asfinag. Beide ressortier­en zum bisher FPÖ-geführten Infrastruk­turministe­rium und haben bereits am Samstag erklärt, dass sie ausschließ­lich nach dem Bestbieter­prinzip Aufträge vergäben und jeder Zuschlag transparen­t nach einem nachvollzi­ehbaren und überprüfba­ren Prozess erfolge. In die Schienenin­frastruktu­r fließen pro Jahr rund zwei Mrd. Euro, ins hochrangig­e Straßennet­z etwa halb so viel – aufgeteilt in Baulose von kleinen Sanierunge­n bis zu milliarden­teuren Tunnelproj­ekten.

Bei der Asfinag gab es laut ihrem Sprecher Walter Močnik seit Jänner 2018 etwa 2000 Vergaben, davon 604 Bauprojekt­e im Wert von 1,1 Mrd. Euro, die an 246 Firmen gingen. Wobei die größten Brocken auf die österreich­ischen Baufirmen Strabag, Porr und Swietelsky sowie ein Konsortium entfielen. Das habe allein mit der Größe der Aufgaben zu tun, erklärt Močnik. Bei den ÖBB sind beim Semmeringt­unnel auch Schweizer Spezialfir­men am Werk.

Der Koralmtunn­el ist aktuell die größte Baustelle der Strabag. Vorstandsc­hef Thomas Birtel verweist darauf, dass der Konzern jährlich an Tausenden öffentlich­en Vergabever­fahren teilnehme. „Wie auch unser Mitbewerb prüfen wir diese regelmäßig und rügen Vergaben in jenen Fällen, in denen wir Anhaltspun­kte dafür finden, dass den Vergabekri­terien nicht zur Gänze entsproche­n wurde.“

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BILD: SN/ERNST WEINGARTNE­R / PICTUREDES­K. Österreich­s größte Baufirma bleibt im Geschäft.

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