Märkte und Ratingagenturen unbeeindruckt
Handelsstreit und Brexit-Sorgen belasten Märkte mehr als das Zerbrechen der Regierungskoalition.
Politische Stabilität ist ein wesentlicher Faktor für die Bewertung eines Landes als Wirtschaftsstandort. Österreich weist hier traditionell Bestnoten bei den Ratingagenturen auf, die in regelmäßigen Abständen die Kreditwürdigkeit von Ländern und Unternehmen bewerten. An dieser positiven Einschätzung kann offenbar auch das Zerbrechen einer Regierungskoalition samt Ausrufung von Neuwahlen innerhalb weniger Tage nichts ändern. Am Tag nach dem „IbizaWochenende“notiert die Rendite zehnjähriger Bundesanleihen so gut wie unverändert auf dem Niveau zum Schluss der Vorwoche. Eine minimale Erhöhung der Rendite um 0,02 Prozent liege im Rahmen täglicher Zufallsschwankungen, auch in Deutschland seien die Anleiherenditen am Montag minimal gestiegen, sagen Beobachter.
Am eingeschlagenen Weg beim heimischen Staatshaushalt werde sich vorerst nichts ändern, meinen Experten wie Raiffeisen-Chefanalyst Peter Brezinschek. „Die Grundpfeiler des Budgetpfads sind eingeschlagen“, sagt er. Einnahmen und Ausgaben dürften wie veranschlagt weiter auf dem Weg der Budgetkonsolidierung verlaufen. Für die Märkte zählen ökonomische „hard facts“ derzeit mehr als die – schwer einschätzbare – höchst ungewisse politische Situation im Land. Mehr Einfluss auf die Stimmung an den Märkten als die Regierungskrise hätten aktuell der Handelsstreit zwischen den USA und China, dessen Folgen sich auch in Europa bemerkbar machen, sowie die abschwächende Konjunkturdynamik.
Auch am Aktienmarkt fielen Reaktionen auf die jüngste politische Entwicklung sehr verhalten aus. Am Montagnachmittag lag der Aktienindex ATX an der Wiener Börse zeitweise 1,7 Prozent im Minus – im europaweit schwächeren Umfeld. Auch die verlängerte Brexit-Pattsituation belastet die Märkte.
Von den großen Ratingagenturen gibt es bisher keine Anzeichen auf eine bevorstehende Herabstufung der Bonität Österreichs. Fitch, Standard & Poor’s und Moody’s bewerten das Land jeweils mit ihrer zweitbesten Note (AA+ oder Aa1). Sehr wohl eine Rolle könnte das Ergebnis der Neuwahlen (voraussichtlich im September) haben. Eine „stabile Regierung mit einer klaren Standortpolitik“sei zentraler Baustein für die Sicherheit des Wohlstands, hält der Berater Deloitte fest.
Vorerst kein Kurswechsel absehbar