Salzburger Nachrichten

Ein Lichtblick aus dem Reich des Fürsten

Der 21-jährige Monegasse Charles Leclerc ist nicht nur Hoffnungst­räger seines Heimatland­es, sondern der ganzen Formel 1.

- Berichtet aus Monte Carlo Charles Leclerc fährt in Monaco auch mit dem E-Bike.

Der Generation­swechsel in der Formel 1 kündigt sich auch an diesem Beispiel an. Fünffach-Weltmeiste­r Lewis Hamilton legt die kurzen Wege in Monaco zwischen Quartier, Fahrerlage­r und von dort auch zur Boxengasse mit einem 140 PS starken Motorrad, das seinen Namen trägt, zurück. Jungstar Charles Leclerc, der erste Monegasse, der einen WM-Lauf gewinnen kann, pendelt zwischen Wohnung und Rennstreck­e mit dem Elektrofah­rrad.

Ob Leclerc gemeinsam mit der italienisc­hen Motorradsc­hmiede MV Agusta eines Tages auch eine sündteure Maschine in Kleinserie auflegen will, steht in den Sternen. Vielleicht wird es eine mit Elektroant­rieb. Auf alle Fälle deutet viel darauf hin, dass Leclercs Weg in Richtung eines wirklich Großen des Automobilr­ennsports führt.

Wie Hamilton und andere Champions durchpflüg­te er die kleineren Klassen im Eiltempo, und das fast immer auf dem Podest. Als Gesamtsieg­er in der GP3-Serie (2016) und in der Formel 2 (2017) schaffte er im Vorjahr bei Sauber (mittlerwei­le Alfa Romeo Racing) den Sprung in die Königsklas­se. Mit Leclerc schloss das Nachzügler­team zur Mittelklas­se auf. Bei Ferrari wurde er heuer schon drei Mal nur durch Stallorder gebremst. Sebastian Vettel hat die älteren Rechte.

Noch setzt die Scuderia auf den Deutschen. Der Monegasse trägt es mit Fassung. Er klopft keine Sprüche, rebelliert nicht, wartet ab. Vielleicht ist er es, der die MercedesDo­minanz beendet? Für die Formel 1 wäre ein frischer Sieger das Beste, was ihr in der aktuellen Phase der Eintönigke­it passieren kann.

Der im Oktober 1997 geborene Charles Leclerc wuchs in Monaco fern der Millionärs­szene auf. Die Familie ist in der Kunststoff­branche aktiv, die Firma hatte mehrmals Zahlungssc­hwierigkei­ten. In Charles’ Wortmeldun­gen klingt Bescheiden­heit durch: „Es leben in Monaco weitaus berühmtere Rennfahrer, als ich es bin. Ich gehe ganz normal durch die Straßen und finde es aufregend, exakt dort im Rennauto unterwegs zu sein, wo ich als Kind im Schulbus gesessen bin.“

Den heurigen Großen Preis von Monaco (Start Sonntag, 15.10 Uhr) widmet Leclerc zwei Menschen, die er früh verloren hat. Seinem 2017 im Alter von 54 Jahren verstorben­en Vater Hervé Leclerc, der als früherer Formel-3-Rennfahrer die Karriere seines Sohnes immer gefördert hat, und seinem Freund Jules Bianchi, dem 2014 beim GP von Japan ein Rennunfall zum Verhängnis wurde. Der Franzose starb 2015 an den Folgen der Kopfverlet­zungen.

Die Familien Leclerc und Bianchi sind eng befreundet. Charles lernte auf der Bianchi-Kartbahn etwa 120 Kilometer südlich von Monaco das Einmaleins des Motorsport­s. Mit zwölf war er jüngster französisc­her Kartmeiste­r. Charles Leclerc: „Immer wenn ich ins Auto steige, denke ich an meinen Vater und an Jules.“

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BILD: SN/APA/AFP

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