Vier Milliarden Euro flossen in die Sicherheit der Tunnel
Nach dem katastrophalen Unfall im Tauerntunnel vor 20 Jahren begann ein europaweites Umdenken. Österreich startete ein riesiges Bauprogramm, das sich erst heute in der Endphase befindet.
SALZBURG. Sekundenschlaf eines jungen Lkw-Fahrers führte höchstwahrscheinlich zu einem der schlimmsten Verkehrsunfälle in Österreich: Am 29. Mai jährt sich die Brandkatastrophe im Tauerntunnel, bei der zwölf Menschen starben und 42 verletzt wurden, zum 20. Mal. Der Lkw war auf eine stehende Kolonne geprallt, die an einer roten Baustellenampel im Tunnel mit Gegenverkehr stand. Die Ladung von 24.000 explosiven Lackspraydosen führte zum Inferno. So eine Konstellation würde es heute wohl nicht mehr geben.
Das schlimme Unglück hatte langfristig auch positive Folgen. Denn es wurde unter dem Eindruck der Katastrophe gewaltig in die Tunnelsicherheit investiert. Dazu gehörte der zweiröhrige Ausbau vieler der 165 Autobahntunnel in Österreich (gezählt wird ab 80 Meter Länge), aber auch bessere Beleuchtung, Markierung und Fluchtwege sowie Löschwasserversorgung und Abluftanlagen. Rund vier Milliarden Euro steckte der staatliche Schnellstraßenbetreiber Asfinag seither in das Tunnelbauprogramm.
Ein zweiröhriger Ausbau unter dem Tauern und Katschberg war von Anfang an geplant, aber vor dem Unfall im Tauerntunnel war das politisch nicht durchsetzbar. Zu sehr hatten die Anrainer vor allem entlang der Scheitelstrecke im Pongau und Lungau gegen den Ausbau protestiert. Sie wehrten sich seit den 1980er-Jahren gegen Lärm und Abgase, die seit der Eröffnung der wichtigen Nord-SüdTrasse 1975 stark gestiegen waren. Im Mittelpunkt stand der Kampf gegen den Transitverkehr. Angesichts des Widerstands wurden die Planungen eingestellt.
Gut zehn Jahre später kam es im März 1999 zum Brandunfall im Mont-Blanc-Tunnel, der 39 Menschen das Leben kostete. Gut zwei Monate später folgte das Inferno im Pongau. Schlagartig stand das Thema Sicherheit in Tunneln im Mittelpunkt. Die zweite Röhre sollte durch Wegfall des Gegenverkehrs die Sicherheit steigern, für Notfälle kamen 26 Verbindungen zwischen beiden Tunneln (sogenannte Querschläge) als bessere Fluchtwege dazu.
Doch es dauerte Jahre, bis mit dem Ausbau begonnen werden konnte, denn die ursprünglichen Planungen aus den Achtzigern taugten nur wenig für das 21. Jahrhundert. Zum Beispiel wurde die Lüftung von Längs- auf Querlüftung umgestellt. Statt 500 Meter Abstand bei Querverbindungen zwischen beiden Röhren wurde auf maximal 300 Meter verdichtet. Der Vollausbau des Tauerntunnels war schließlich am 30. Juni 2011 erreicht.
Der Bau der Tauernautobahn, ursprünglich eine Grobplanung aus der Nazi-Zeit, begann im Jänner 1971. Am Anfang entstand das Herzstück der heutigen A10 – die 52 Kilometer lange Scheitelstrecke über den Alpenhauptkamm von Eben im Pongau bis Rennweg in Kärnten inklusive der beiden Röhren unter dem Tauern (6,8 km) und dem Katschberg (5,8 km). Bis 1975 schufteten in Spitzenzeiten auf der damals größten Baustelle Österreichs bis zu 3500 Personen – die Eröffnung am 21. Juni 1975 geriet zum Fest an der Mautstelle St. Michael. Die SN brachten eine zehnseitige Sonderbeilage und berichteten danach, dass sich von den 1900 Ehrengästen 600 selbst eingeladen hatten. Die Eröffnung nahmen Bundespräsident Rudolf Kirchschläger, Kanzler Bruno Kreisky und Landeshauptmann Hans Lechner vor, der die Bedeutung mit jener der Wiedereröffnung der Universität verglich.
Das freiwillige Tunnelbauprogramm Österreichs trug auch zu heutigen EU-Standards bei. Denn als 2001 im Schweizer Gotthardtunnel elf Menschen starben, kam die Debatte über eine EU