Salzburger Nachrichten

Ein Wüterich hackt alles klein

Ein Holzhacker räumt auf. Mit den Schädlinge­n im Wald und in seinem Umfeld. „Die goldene Axt“von Ben Pascal ist ein bitterböse­s Porträt eines abgehängte­n weißen Österreich­ers.

- „Die goldene Axt“, Salzburg, Kleines Theater. Weitere Vorstellun­gen: 8. und 28. Juni.

SALZBURG. Diätpläne sind etwas für saturierte Stådtinger. „Ich brauch kan Nullertog“, sagt der Holzhans. Er ist ein echter Kerl, verbringt den ganzen Tag in der Natur und kommt auf 4500 Kalorien Grundumsat­z. Seine Familie konnte der „wahre“Holzhacker mit seinem ehrlichen Handwerk lange Zeit ernähren.

Heute erledigen Maschinen seine Arbeit, die Frau verließ ihn für einen Rechtsanwa­lt. Die Wut schlägt in Gewalt um, der Kraftlacke­l schlägt einem Mitbewerbe­r – „ein Saupreiß“– die Zähne aus. Der Holzhans ist einer jener Abgehängte­n, die empfänglic­h sind für rechte Ideologien. Das macht „Die goldene Axt“so aktuell.

Rund eine Stunde lang wütet Gerhard Greiner über die Bühne des Kleinen Theaters. Der gebürtige Pongauer verkörpert den Holzhans in authentisc­hem Dialekt – und mit profunder Hacktechni­k. Bühnenpräs­enz und Textbewält­igung sind immens, der Monolog „Die goldene Axt“wird nur durch kurze Einspieler vom Band unterbroch­en.

„Ich wollte einen modernen ,Herr Karl‘ schreiben“, erzählt Ben Pascal. Der junge Salzburger Dramatiker hat sich von dem EinMann-Stück von Carl Merz und Helmut Qualtinger inspiriere­n lassen – und doch unterschei­det sich der Holzhans vom urbanen Wendehals, der sich den neuen Machtverhä­ltnissen der Nachkriegs­zeit anpasst.

Der Landbewohn­er hingegen verbiegt sich nicht, er bleibt sich selbst treu. Dieser Wesenszug weckt zunächst Sympathie. Das vorsintflu­tliche Frauenbild und seine latente Fremdenang­st lassen jedoch bald erahnen, aus welchem Holz der Hans geschnitzt ist. Er wird selbst aktiv und lässt sich für eine „austromask­ulinistisc­he“Bewegung gewinnen. Der Holzhans soll die weißen Männer in eine goldene Zukunft führen und Österreich nach Holzhacker­art von Volksschäd­lingen befreien.

Auch wenn Ben Pascals Text noch einige Straffunge­n vertragen würde, spiegelt er gekonnt die aktuelle Stimmungsl­age. „Bevölkerun­gsaustausc­h“, Ibizagate und die „b’soffene G’schicht“des Herrn Strache hat der Autor noch aktuell eingebaut. Am Freitag feierte das Stück Uraufführu­ng – die SN besuchten die Generalpro­be –, im Sommer soll es auch außerhalb der Stadtgrenz­en gespielt werden. „Ich bin gespannt, wie das Stück am Land ankommt“, sagt Ben Pascal.

„Ich wollte einen modernen ,Herr Karl‘ schreiben.“

Theater:

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Ben Pascal, Autor

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