Die wahre Tragödie der Landwirtschaft
Die meisten Interessenvertreter der Landwirtschaft machen aus allem Tragödien – jetzt gerade wieder aus dem Wolf (SN vom 22. 5.), dann wohl aus dem Regen, vielleicht wieder aus der Trockenheit, der miserablen Kartoffelernte, dass zu wenig Fleisch überflüssiger Kälber gegessen wird und so weiter.
Aber die eigentlichen Tragödien in der Landwirtschaft sprechen sie nicht an: den Verlust der guten Böden (ihr Schutz hemmt ja die Möglichkeit, mit dem, was man hat, das zu tun, was man will), die miserable Interessenspolitik, die es zulässt, dass seit vielen, vielen Jahrzehnten auch ohne Wolf täglich fünf Bauern aufgeben, weil deren Interessen vernachlässigt und völlig hinter jenen der großen Flachland-Agrarier zurückgesetzt worden sind. Man sieht unbeeindruckt zu, wie das Wissen über extensive Bewirtschaftungsformen verloren geht und vor allem wie Tier- und Pflanzenarten mit laufenden Gülleduschen aus unseren letzten Paradiesen vertrieben werden. Der Zusammenhang von Gülle und Artenvielfalt wird geleugnet, statt an runden Tischen Auswege zu suchen und zu finden.
Wann kommt die Besinnung auf die bäuerlichen Werte, auf die tatkräftige Unterstützung einer kleinstrukturierten Landwirtschaft? Sie ist für die Erhaltung der Kulturlandschaft unverzichtbar, weil sie in gutem Einklang mit der Natur gewirtschaftet hat und wirtschaftet? Kinder sollen wieder Natur erleben können, am Wiesenrand einen Blumenstrauß pflücken, Heuhüpfer fangen und Schmetterlingen nachjagen. Das kann man in einheitsgrünen Güllewiesen längst nicht mehr. Dr. Winfrid Herbst,