Österreich wäre weg vom EU-Fenster
Ein Thema, das im Zusammenhang mit dem Misstrauensantrag gegen den Bundeskanzler und/oder die gesamte Regierung kaum beachtet wird, ist die Vertretung Österreichs in der Welt, vor allem aber in der Europäischen Union. Stürzen SPÖ, FPÖ und Liste Jetzt am kommenden Montag Sebastian Kurz, sind wir in der EU bis auf Weiteres weg vom Fenster.
Ein unabhängiger Expertenkanzler und seine Regierung hätten in den Brüsseler Gremien nichts zu sagen und dürften sich auch nicht in politische Entscheidungen einmischen.
Ausgerechnet jetzt stehen aber die großen Weichenstellungen für die Union ins Haus. Es geht darum, wer Nachfolger von Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker wird. Es geht darum, wer den Polen Donald Tusk als Präsident des EU-Rats ablöst, wer den Posten der Außenministerin übernimmt, wer in Frankfurt die Europäische Zentralbank und damit die Zukunft des Euro bestimmt. Für Österreich ganz wichtig: Wer soll unseren Kommissar Johannes Hahn ersetzen? Oder soll Hahn bleiben?
Kann und darf ein Expertenkabinett so tiefgreifende Entscheidungen überhaupt fällen? Eher nein. Bis Österreich wieder international handlungsfähig ist, werden mindestens sechs Monate vergehen. Dann sitzen die neuen EU-Spitzen längst auf ihren Posten, und der Zug für Österreich ist abgefahren.
Vor allem die Europapartei SPÖ wird es sich bis Montag daher noch einmal genau überlegen, ob sie Österreich in die europäische Bedeutungslosigkeit stürzen will oder nicht. Die SPÖ hat es nicht leicht. Wählen die Sozialdemokraten gemeinsam mit der FPÖ den Kanzler ab, wird man ihnen nachsagen, sie erfüllten die Rache-Agenda der Rechten, stürzten Österreich in der Hoffnung auf einen späteren Wahlerfolg in die Krise und nähmen unsere internationale Bedeutungslosigkeit in Kauf. Lassen sie Kurz hingegen im Amt, wird ihnen das als mutlose Packelei mit den Türkisen ausgelegt, die dem Kanzler möglicherweise einen Vorteil im Wahlkampf beschert.
Die SPÖ hat die Wahl zwischen Pest und Cholera.