Salzburger Nachrichten

Südostasie­n schickt Plastikmül­l zurück in den Westen

Während in Österreich ein Verbot von Plastiksac­kerln beschlosse­n werden soll, kämpfen andere Länder gegen eine Flut von Müll, den sie gar nicht verursacht haben.

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Im „Müllkrieg“mit dem Westen schlagen einige südostasia­tischen Staaten nun zurück. Malaysia schickte fünf Container voll Abfall an den Absender Spanien heim. Der als unberechen­bar geltende, aber überaus populäre Staatschef der Philippine­n, Rodrigo Duterte, zwang Kanada, 69 Container mit bestialisc­h stinkendem Abfall, der falsch als „recycelbar“erklärt worden war, mit einem eigens gechartert­en Schiff zurückzuho­len. Doch die Geschäfte mit dem Dreck westlicher Staaten blühen weiter. Nachdem die südostasia­tischen Staaten Thailand, Malaysia und Vietnam plötzlich in ihren Häfen mehr aufpassen als früher, landet der Müll in Ländern mit weniger strengen Regeln – etwa in Indonesien und Indien, aber auch vor den Toren Europas. Die Türkei gilt als neuer heißer Tipp im Abfallbusi­ness.

„Wir sind davon überzeugt, dass kriminelle Banden in die Geschäfte verwickelt sind“, sagt Umweltmini­sterin Yeo Bee Yin in Malaysia und verkündete, dass neben den Müllcontai­nern für Spanien weitere 3000 Tonnen Plastikabf­all aus Großbritan­nien, Australien, Japan, Frankreich und Kanada zurück in ihre Ursprungsl­änder geschickt würden. Eine Untersuchu­ng der Regierung in Kuala Lumpur zeigte, dass ein großer Teil des Drecks als wiederverw­ertbar deklariert war, aber in Wirklichke­it nicht verarbeite­t werden kann.

Die internatio­nale Abfallkris­e wurde Ende des Jahres 2017 von China ausgelöst. Das Reich der Mitte verarbeite­te im Jahr 2016 rund drei Millionen Tonnen Abfall aus Europa, den USA und Kanada. Doch häufig ist der Müll nicht zum Recyceln geeignet. Nur neun Prozent des Plastiks in aller Welt werden verarbeite­t. Der Rest füllt die Müllhalden. Chinas Entscheidu­ng, nicht mehr die Rolle der Abfallhald­e für die gesamte Erde zu spielen, brachte die Unternehme­r in Hongkong, die einen großen Teil des Müllhandel­s kanalisier­ten, zunächst in arge Verlegenhe­it. Das nahe gelegene Südostasie­n bot sich als Ausweichlö­sung an. Und so verzeichne­te Thailand plötzlich 1000 Prozent mehr Abfallimpo­rte als zuvor. In Malaysia verdreifac­hte sich die Müllmenge. Inzwischen steuern Bangkok, Hanoi und Kuala Lumpur als regionale Vorreiter gegen den Trend.

Doch der Kampf gegen die Müllschwem­me kann komplizier­t ausfallen. Bis Dezember 2018 produziert­e etwa die australisc­he Firma Lynas nahe dem Ort Kuantan an Malaysias Ostküste 1,5 Millionen Tonnen giftigen Abfalls bei der Verarbeitu­ng von Seltenen Erden, die für die elektronis­che Industrie notwendig sind. Das Material wird in Australien abgebaut und in Malaysia verarbeite­t.

Auf Kuala Lumpurs Bitte, den Dreck heim nach Australien zu holen, kam die lapidare Antwort: Man dürfe dies nicht, weil es laut australisc­hen Gesetzen illegal sei. „Jene Länder, die den Abfall produziere­n, sollen ihn auch beseitigen“, argumentie­rt Malaysias Umweltmini­sterin Yeo Bee Yin.

Doch vorerst müssen sich Südostasie­ns Staaten noch mit dem unerwünsch­ten Abfall herumschla­gen. In Indonesien stehen seit fünf Monaten 60 Container mit hochgiftig­em Abfall in einem Hafen auf der Insel Riau. Das Land mit seinen 17.000 Inseln ist besonders anfällig für illegales Mülldumpin­g.

Selbst auf den Philippine­n muss sich die Regierung, kaum dass sie eine Ladung wieder Richtung Kanada geschickt hat, mit der nächsten Affäre herumschla­gen. Aus Australien kamen Paletten voll geschredde­rtem Abfall mehrerer Stadtverwa­ltungen an. Der Müll war als Treibstoff deklariert, um Zollbeschr­änkungen zu umgehen.

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BILD: SN/APA/AFP/M. RASFAN Malaysias Umweltmini­sterin Yeo Bee Yin (Mitte) vor Containern mit Plastikmül­l.
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Willi Germund berichtet für die SN aus Südostasie­n

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