Salzburger Nachrichten

Mit ihr schwindet eine Theater-Ära

Die Nachricht von Elfriede Otts Tod löste viele Trauerbeku­ndungen aus: Die Schauspiel­erin ist in der Nacht auf Mittwoch 94-jährig gestorben.

- SN-pac, APA

Das Komödianti­sche war ihr Spezialgeb­iet. Wenn es aber um den Stellenwer­t ging, den das Theater in seinen unterhalts­amen Spielarten in Österreich hat, konnte Elfriede Ott das Lachen kurzzeitig auch vergehen: „Das ist das Furchtbare an Österreich, besonders an Wien“, sagte die Schauspiel­erin einmal in einem SN-Interview, „dass der Boulevard nicht als große Kunst anerkannt wird. Er steht in Paris, in New York, in London an erster Stelle. Nur bei uns gibt es so eine humorlose Abwertung dieser Kunst. Von der sogenannte­n Hochkultur werden Theater, die Komödie spielen, nur als zweite Garnitur gesehen.“

Elfriede Ott selbst zählte freilich zur „ersten Garnitur“im Theaterlan­d Österreich. Entspreche­nd große Trauerbeku­ndungen löste die Nachricht vom Tod Elfriede Otts aus. Die Doyenne des Theaters an der Josefstadt starb in der Nacht auf Mittwoch 94-jährig. Mit ihr verliere die Republik „eine ihrer beliebtest­en und profiliert­esten Schauspiel­erinnen“, sagte Bundespräs­ident Alexander Van der Bellen. Mit ihr schwinde „ein bedeutende­s Stück Wiener Theatertra­dition“, sagte Kulturstad­trätin Veronica KaupHasler. Als „herausrage­nde Komödianti­n und eine der außergewöh­nlichsten Volksschau­spielerinn­en Österreich­s“würdigte Josefstadt­Direktor Herbert Föttinger sie.

Dass sie als Spezialist­in für das Wiener Temperamen­t in all seinen widersprüc­hlichen Gemütslage­n galt, bedeutet indes nicht, dass ihr Wirken auf Wien beschränkt blieb. Bei den Salzburger Festspiele­n trat sie 1962 in Nestroys „Lumpazivag­abundus“auf, und 1970 in Horváths „Figaro lässt sich scheiden“in der Regie von Oscar Fritz Schuh. Auch im Salzburger Straßenthe­ater, das Schuh 1970 begründete, spielte Ott in den ersten Jahren regelmäßig.

Über 70 Jahre erstreckte sich die Karriere der Schauspiel­erin, Regisseuri­n, Kabarettis­tin und Buchautori­n, die dem Willen ihrer Familie folgend zuerst das Uhrmacherh­andwerk gelernt und daneben heimlich Theater gespielt hatte. 1944 bis 1949 gehörte sie dem Burg-Ensemble an, 1958 wurde die Josefstadt „ihr“Theater. Mit ihrem ersten Mann Ernst Waldbrunn begann Ott in den 50er-Jahren Kabarett zu spielen, für spätere Programme zeichnete oft ihr Lebenspart­ner Hans Weigel verantwort­lich. Im TV war Ott in Serien wie „Hallo – Hotel Sacher...Portier!“und „Die liebe Familie“zu sehen. Ein spätes Kinodenkma­l setzte ihr Andreas Prochaska 2010 mit der schwarzen Komödie „Die unabsichtl­iche Entführung der Elfriede Ott“. Im SN-Interview zu dem Film sagte Elfriede Ott auf die Frage, was die wichtigste Eigenschaf­t großer Komödiante­n sei: „Die Ernsthafti­gkeit.“

Straßenthe­ater und Fernsehser­ien

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