Lauschangriff in den eigenen vier Wänden
Deutschland diskutiert über die polizeiliche Auswertung von Smart-Home-Geräten. Und Österreich?
WIEN. Die Unterlagen zur deutschen Innenministerkonferenz schlugen Wellen, denn dort heißt es, dass digitalen Spuren „eine immer größere Bedeutung“zukomme. Daher müssten die Strafverfolgungsbehörden in der Lage sein, diese zu erkennen, zu sichern und auszuwerten. Zur Erklärung: Wer zum Beispiel Alexa nutzt, hinterlässt genauso digitale Spuren wie die Nutzer smarter Fernseher, Brandmelder, HightechKühlschränke oder moderner Alarmanlagen. Diese Spuren sind für Ermittler potenziell interessant. Ein Sprecher des deutschen Bundesinnenministeriums sagte vergangene Woche, dass die Beratungen der Innenministerkonferenz erst der „Einstieg in die Diskussion“seien. Zur Aufklärung welcher Verbrechen die Auswertung solcher Geräte angestrebt werden könnte, ließ er offen.
Erhard Frießnik, Leiter des Cybercrime Competence Centers im Bundeskriminalamt, gibt einen Überblick über die Situation in Österreich: Hierzulande ist es möglich, Daten im Rahmen einer gerichtlich angeordneten Hausdurchsuchung oder auf Basis freiwilliger Herausgabe auszuwerten. „Ein smarter Brandmelder kann bei einer möglichen Brandstiftung durchaus Informationen liefern.“Dass ein derartiges Gerät auch anhand der Gaszusammensetzung in der Raumluft Aufschluss darüber geben könnte, wie viele Menschen sich in einem Raum befunden haben, könnte für kriminalpolizeiliche Ermittlungen sicher von Interesse sein. Dass Auswertungen in dieser Form stattfinden, hält Frießnik aber für weit hergeholt. Wichtig ist, dass es einen strafrechtlichen Anlass sowie einen staatsanwaltlichen Auftrag für die Untersuchung derartiger Geräte geben muss.
Auch in Deutschland ist man noch weit von einem rechtlich gedeckten Lauschangriff 4.0 entfernt. „Für das Handeln der Sicherheitsbehörden in Wohnungen gibt unser Grundgesetz zu Recht enge Grenzen vor“, gibt Innenminister Seehofer zu bedenken und betont den besonderen Schutz des privaten Lebensumfelds der Menschen als Selbstverständlichkeit. Daran dürfe auch die Digitalisierung nichts ändern. Ein Blick nach China zeige, wohin der hemmungslose Gebrauch von Daten führen könne, sagte der Sprecher der SPDInnenminister. Dort versucht man derzeit, ein soziales Bewertungssystem zu etablieren, das auf unterschiedliche Daten zugreifen wird.
Ob wir uns mit Alexa eine Wanze ins Haus holen, die einmal eine Gehilfin der Polizei sein wird, verneint Erhard Frießnik zum jetzigen Zeitpunkt. „Alexa ist ein Eingabegerät wie eine Tastatur, die Daten derartiger Geräte liegen auf den Servern von Amazon, und die zu bekommen ist sehr schwierig. Dafür müsste schon ein ziemlich gravierendes Delikt vorliegen.“