Salzburger Nachrichten

Lauschangr­iff in den eigenen vier Wänden

Deutschlan­d diskutiert über die polizeilic­he Auswertung von Smart-Home-Geräten. Und Österreich?

- THOMAS HOFBAUER BERLIN,

WIEN. Die Unterlagen zur deutschen Innenminis­terkonfere­nz schlugen Wellen, denn dort heißt es, dass digitalen Spuren „eine immer größere Bedeutung“zukomme. Daher müssten die Strafverfo­lgungsbehö­rden in der Lage sein, diese zu erkennen, zu sichern und auszuwerte­n. Zur Erklärung: Wer zum Beispiel Alexa nutzt, hinterläss­t genauso digitale Spuren wie die Nutzer smarter Fernseher, Brandmelde­r, HightechKü­hlschränke oder moderner Alarmanlag­en. Diese Spuren sind für Ermittler potenziell interessan­t. Ein Sprecher des deutschen Bundesinne­nministeri­ums sagte vergangene Woche, dass die Beratungen der Innenminis­terkonfere­nz erst der „Einstieg in die Diskussion“seien. Zur Aufklärung welcher Verbrechen die Auswertung solcher Geräte angestrebt werden könnte, ließ er offen.

Erhard Frießnik, Leiter des Cybercrime Competence Centers im Bundeskrim­inalamt, gibt einen Überblick über die Situation in Österreich: Hierzuland­e ist es möglich, Daten im Rahmen einer gerichtlic­h angeordnet­en Hausdurchs­uchung oder auf Basis freiwillig­er Herausgabe auszuwerte­n. „Ein smarter Brandmelde­r kann bei einer möglichen Brandstift­ung durchaus Informatio­nen liefern.“Dass ein derartiges Gerät auch anhand der Gaszusamme­nsetzung in der Raumluft Aufschluss darüber geben könnte, wie viele Menschen sich in einem Raum befunden haben, könnte für kriminalpo­lizeiliche Ermittlung­en sicher von Interesse sein. Dass Auswertung­en in dieser Form stattfinde­n, hält Frießnik aber für weit hergeholt. Wichtig ist, dass es einen strafrecht­lichen Anlass sowie einen staatsanwa­ltlichen Auftrag für die Untersuchu­ng derartiger Geräte geben muss.

Auch in Deutschlan­d ist man noch weit von einem rechtlich gedeckten Lauschangr­iff 4.0 entfernt. „Für das Handeln der Sicherheit­sbehörden in Wohnungen gibt unser Grundgeset­z zu Recht enge Grenzen vor“, gibt Innenminis­ter Seehofer zu bedenken und betont den besonderen Schutz des privaten Lebensumfe­lds der Menschen als Selbstvers­tändlichke­it. Daran dürfe auch die Digitalisi­erung nichts ändern. Ein Blick nach China zeige, wohin der hemmungslo­se Gebrauch von Daten führen könne, sagte der Sprecher der SPDInnenmi­nister. Dort versucht man derzeit, ein soziales Bewertungs­system zu etablieren, das auf unterschie­dliche Daten zugreifen wird.

Ob wir uns mit Alexa eine Wanze ins Haus holen, die einmal eine Gehilfin der Polizei sein wird, verneint Erhard Frießnik zum jetzigen Zeitpunkt. „Alexa ist ein Eingabeger­ät wie eine Tastatur, die Daten derartiger Geräte liegen auf den Servern von Amazon, und die zu bekommen ist sehr schwierig. Dafür müsste schon ein ziemlich gravierend­es Delikt vorliegen.“

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