Angriffe auf Tanker heizen Iran-Krise an
Nach den noch ungeklärten Angriffen auf zwei Supertanker im Golf von Oman könnte der Konflikt zwischen den USA und dem Iran weiter eskalieren.
Nach Angriffen auf zwei Supertanker im Golf von Oman könnte der Konflikt zwischen den USA und dem Iran eskalieren.
TEHERAN. Im iranischen Staatsfernsehen wurden die gewaltigen Rauchschwaden, die aus dem brennenden Rumpf der „Front Altair“quollen, zuerst gezeigt. Der Kameramann war an Bord eines iranischen Rettungsbootes, das die 23 Matrosen des mit Rohbenzin beladenen norwegischen Tankers in Sicherheit gebracht hatte. Um 6.03 Uhr Ortszeit war das unter der Flagge der Marshallinseln fahrende Schiff im Golf von Oman, zwischen den Küsten der Vereinigten Arabischen Emirate und des Irans, attackiert worden. Nach Erkenntnissen der Schifffahrtszeitung „Tradewinds“soll die 251 Meter lange und 44 Meter breite „Front Altair“von bis zu drei Torpedos getroffen worden sein. Aber auch Minen könnten die Ursache für die Explosionen gewesen sein, sagen Experten.
Eine halbe Stunde vorher war im gleichen Gewässer der zur Hamburger Reedereigruppe Bernhard Schulte gehörende Tanker „Kokuka Courageous“von „einer Art Granate“getroffen worden. Die Fracht des stark beschädigten Schiffes – Methanol – scheint nicht in Gefahr zu sein. Die 21 Crewmitglieder wurden ebenfalls in den Iran evakuiert.
Zum Zeitpunkt der Zwischenfälle war es im Golf von Oman extrem diesig. Mutmaßliche Angreifer wären nur schwer zu erkennen gewesen und hätten unerkannt entkommen können. Schuldzuweisungen seien daher verfrüht, sagt der Analyst von Bloomberg-News, Julian Lee, dennoch werde „die ganze Welt jetzt auf den Iran zeigen“.
US-Außenminister Mike Pompeo hat dann am Abend auch dem Iran die Verantwortung für die Attacken zugewiesen. „Es ist die Einschätzung der USA, dass die Islamische Republik für die Angriffe verantwortlich ist“, sagte Pompeo in Washington. Die Einschätzung basiere auf Geheimdienstinformationen, die Art der verwendeten Waffen und die Ausgeklügeltheit der Angriffe. Die Aktion sei Teil einer Kampagne Teherans, „um die Spannungen eskalieren zu lassen“und den Öltransport durch die Straße von Hormuz zu unterbinden. Details oder Beweise nannte Pompeo nicht.
Zumindest der Zeitpunkt der Angriffe, sollten sie tatsächlich vom Iran ausgegangen sein, kommt überraschend. Zwar hatte das Regime in Teheran mehrfach gewarnt, man werde die Straße von Hormuz blockieren, falls man wegen der USSanktionen das eigene Rohöl nicht mehr verkaufen könnte. Die Schmerzgrenze, welche Teheran zum Äußersten treiben könnte, schien jedoch noch nicht erreicht.
Das Regime wollte der Diplomatie eine allerletzte Chance geben. Fast zeitgleich mit den mutmaßlichen Angriffen auf die Tanker hatte Revolutionsführer Ali Khamenei den japanischen Regierungschef Shinzo Abe empfangen und diesem freundlich, aber unmissverständlich zu verstehen gegeben, dass „der Iran den USA nicht vertraut“. US-Präsident Donald Trump sei einer iranischen Antwort, die Abe gern übermittelt hätte, „nicht würdig“. „Wieso sollte Teheran sich auf erneute Verhandlungen mit solch einer Person einlassen?“, fragte Khamenei barsch.
Wusste er da bereits, dass vor der Südküste seines Landes zwei Supertanker, von denen einer einem japanischen Großkonzern gehörte, brannten? Oder wurde auch er von den Angriffen überrascht?
Außenminister Mohammed Javad Zarif twitterte: „Verdächtig ist zu wenig, um zu beschreiben, was geschehen ist“– und verwies noch einmal auf das Gipfeltreffen in Teheran. Die iranische Marine schickte Expertenteams in den Golf von Oman, in dem seit zwei Wochen auch der US-Flugzeugträger „Abraham Lincoln“kreuzt.
Bereits vor vier Wochen waren vor der Küste der Vereinigten Arabischen Emirate vier Schiffe teils schwer beschädigt worden - durch von Tauchern angebrachte Seeminen, gehandelt haben, behauptete US-Sicherheitsberater John Bolton.