Wo Zeitgeschichte parkt
Mehr als eine Million Gegenstände hat das deutsche Haus der Geschichte gesammelt. Um seinen Standort in der früheren Hauptstadt Bonn gibt es zum Jubiläum auch Diskussionen.
Der Sprechzettel von der Pressekonferenz am 9. November 1989, bei der die Öffnung der Berliner Mauer verkündet wurde. Die Gebetskette des türkischstämmigen Blumenhändlers Enver Şimşek, des ersten Mordopfers der NSU. Der Schreibtisch aus der „Harald Schmidt Show“. Diese und eine Million Objekte mehr bewahrt das deutsche Haus der Geschichte in Bonn. Seit nunmehr 25 Jahren dokumentiert das Museum Deutschlands Zeitgeschichte seit 1945.
Mit jährlich 650.000 Besuchern in Bonn und 1,2 Millionen einschließlich der Außenstellen Leipzig und Berlin zählt es zu den beliebtesten Museen in Deutschland. Die Festrede zum Jubiläum am heutigen Freitag hält Angela Merkel. Die Idee zu dem Museum stammte einst von Helmut Kohl. Er regte die Gründung 1982 in seiner ersten Regierungserklärung als Bundeskanzler an. Damals war eine Wiedervereinigung nicht in Sicht, Bonns Status als Hauptstadt der Bundesrepublik schien auf unabsehbare Zeit gesichert. „Da ging es darum, diesem Provisorium eine gewisse historische Unterfütterung zu geben“, erläutert der Historiker Christoph Nonn. „Das war eine Art Selbstvergewisserung der Bundesrepublik.“
Dementsprechend wurde anfangs vor allem eine Erfolgsgeschichte erzählt: die Bundesrepublik als geglückte Demokratie und bewunderte Wirtschaftsmacht. Als das Haus der Geschichte 1994 von Kohl eröffnet wurde, war der Regierungsumzug nach Berlin schon beschlossene Sache – das Museum hatte sich in dieser Hinsicht im Grunde schon überlebt.
Hätte es nicht ebenfalls in die neue Hauptstadt weiterwandern müssen? „Ich denke, dass der Standort Bonn trotz allem seine Berechtigung hat“, sagt der Berliner Historiker Paul Nolte. „Auch wenn er unter touristischen und Besucher-Gesichtspunkten nicht so attraktiv ist wie Berlin. Aber dafür gibt es dort ja auch das Deutsche Historische Museum.“
Zudem ist das Haus der Geschichte im Osten Deutschlands mit dem Zeitgeschichtlichen Forum in Leipzig und dem Tränenpalast in Berlin vertreten.
Inhaltlich würde sich der Historiker Christoph Nonn in der Dauerausstellung in Bonn eine stärkere Berücksichtigung aktueller Themen wie Migration, Umwelt oder Geschlechterfragen wünschen. Es könne nicht schaden, den Beirat künftig stärker so zusammenzusetzen, dass sich darin mehr die Vielfalt vorhandener Geschichtsbilder spiegele.