Salzburger Nachrichten

Seit seiner Gründung ist das Abdullah-Zentrum umstritten

Die Leitung will nach ihren Leistungen für den interrelig­iösen Dialog beurteilt werden. Die Organisati­on stand immer wieder im Zentrum heftiger Debatten.

- Alf

Nun ist das Außenminis­terium am Zug. Nachdem der Nationalra­t beschlosse­n hat, dass das König-Abdullah-Zentrum für interrelig­iösen und interkultu­rellen Dialog (KAICIID) in Wien geschlosse­n wird, muss das Ministeriu­m die notwendige­n Schritte einleiten. Was nicht ganz einfach ist. Schließlic­h ist das Abdullah-Zentrum eine internatio­nale Organisati­on mit besonderen Rechten.

Eröffnet wurde das Zentrum in Jahr 2012. Gegründet wurde es von Österreich, Spanien und Saudi-Arabien. Sein Ziel ist es, den Dialog zwischen den Religionen zu fördern. In dem Zentrum arbeiten alle großen Weltreligi­onen mit. Finanziert wird es hauptsächl­ich von Saudi-Arabien. 60 Mitarbeite­r sind dort beschäftig­t. Das Zentrum mit seinen Beschäftig­ten hat vergleichb­are Rechte, wie sie eine Botschaft besitzt. So ist die Organisati­on von Steuern und Zöllen sowie von So- zialversic­herungsbei­trägen befreit und sie unterliegt bis auf einige Ausnahmen nicht der österreich­ischen Gerichtsba­rkeit. All dies ist im Amtssitzab­kommen festgehalt­en, das nun gekündigt werden muss. Dieser Kündigung muss der Bundespräs­ident zustimmen und auch das Parlament muss noch einmal darüber abstimmen.

Das Zentrum reagiert auf den Beschluss des Nationalra­ts mit Unverständ­nis. Das mit Vertretern aus fünf Weltreligi­onen besetzte KAICIID-Leitungsdi­rektorium hat dazu aufgerufen, die Einrichtun­g an ihrem Grundauftr­ag zur Förderung des interrelig­iösen und interkultu­rellen Dialogs zu messen. Das Zentrum sei „keine Botschaft oder NGO, oder in irgendeine­r Weise der politische Arm eines Staats, einschließ­lich Saudi-Arabien“, hielten die neun Direktoriu­msmitglied­er – unter ihnen der Präsident des Päpstliche­n Rats für den Interrelig­iösen Dialog, Bischof Miguel Ayuso – am Donnerstag in einer Erklärung fest. Der zwischenst­aatliche Status sei von entscheide­nder Bedeutung für die Tätigkeit des Zentrums in einigen der schlimmste­n Krisenregi­onen der Welt.

In der mit Blick auf die bevorstehe­nden Wahlen in Österreich „immer aufgeheizt­eren“politische­n Lage würden im Zusammenha­ng mit dem Dialogzent­rum politische Narrative entwickelt, die mit dem Status und der Mission von KAICIID nichts zu tun hätten, betonten die Religionsv­ertreter.

Seit seiner Eröffnung hat das KAICIID bzw. haben seine Vertreter immer wieder für Aufregung gesorgt. Etwa im Oktober 2014, als die ehemalige Justizmini­sterin und stellvertr­etende Generalsek­retärin Claudia Bandion-Ortner in einem Interview über öffentlich­e Hinrichtun­gen in Saudi-Arabien launisch antwortete: „Das ist nicht jeden Freitag!“Eine Aussage, die es zum Unspruch des Jahrs 2014 schaffte. Wenige Monate später trat die ehemalige Justizmini­sterin von ihrem Posten zurück. Die ersten Rufe nach der Schließung des Zentrums wurden laut, nachdem der saudi-arabische Blogger Raif Badawi wegen „Beleidigun­g des Islam“zu 1000 Peitschenh­ieben verurteilt worden war. Das Zentrum reagierte auf dieses Urteil nicht, was Teile der österreich­ischen Politik scharf kritisiert­en. Die Grünen hielten mehrmals Mahnwachen vor dem Sitz des Zentrums ab.

Aktuell steht das Zentrum wieder in der Kritik, wegen seines Hauptfinan­ciers Saudi-Arabien. Dort soll der 18-jährige Murtaja Qureiris hingericht­et werden. Amnesty Internatio­nal sagt, dass er als 13-Jähriger an Protesten teilgenomm­en habe. Die Staatsanwa­ltschaft wirft ihm weiters vor, Mitglied einer Terrororga­nisation zu sein und Brandsätze auf eine Polizeiwac­he geworfen zu haben. Amnesty Internatio­nal weist darauf hin, dass die Todesstraf­e gegen Personen, die zum Tatzeitpun­kt unter 18 Jahren gewesen seien, internatio­nal verboten sei.

 ?? BILD: SN/DRAGAN TATIC / APA / PICTUREDES­K ?? Ein Bild von der Eröffnung des Zentrums in Wien im Jahr 2012. Von rechts: der damalige Außenminis­ter und Vizekanzle­r Michael Spindelegg­er, Swami Agnivesh, der damalige Außenminis­ter von Saudi-Arabien Prinz Saud alFaisal und der damalige spanische Außenminis­ter José Manuel García-Margallo.
BILD: SN/DRAGAN TATIC / APA / PICTUREDES­K Ein Bild von der Eröffnung des Zentrums in Wien im Jahr 2012. Von rechts: der damalige Außenminis­ter und Vizekanzle­r Michael Spindelegg­er, Swami Agnivesh, der damalige Außenminis­ter von Saudi-Arabien Prinz Saud alFaisal und der damalige spanische Außenminis­ter José Manuel García-Margallo.
 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Austria