Salzburger Nachrichten

Riesiges Luxushotel für Tiere

Fahrservic­e, Spa, Physiother­apie. In Kapstadt verwöhnt eines der größten Tierhotels seine vierbeinig­en Gäste. Dagegen fehlt es den Menschen in den Armenviert­eln der Stadt am Nötigsten.

- SN, APA, dpa

Goldgerahm­te Hundeportr­äts, ein Kronleucht­er, handgenäht­e Bettbezüge: Ziggys vorübergeh­endes Zuhause strotzt vor Dekadenz. Während seine Besitzerin Urlaub in Frankreich genießt, wird der Dackel zwei Wochen lang im wohl größten Tierhotel der Welt verwöhnt: Spa-Besuche, Haareschne­iden und Wassergymn­astik stehen hier auf dem Programm.

Das AtFrits empfängt seine vierbeinig­en Gäste im südafrikan­ischen Kapstadt. In dem Land herrscht große Armut – von dem Geld für eine Nacht in dem Hotel könnte eine ganze Familie mehrere Tage leben. Viele Tierliebha­ber freuen sich über das Angebot in der pittoreske­n Hafenstadt. Andere finden den Luxus verwerflic­h.

Mitten im Stadtzentr­um reiht sich das Hotel ein zwischen Kapstadts bekanntest­en Restaurant­s und Bars. Schon vor der Eingangstü­r wird klar, wer hier im Mittelpunk­t steht: Statt rotem Teppich empfängt grüner Rasen die Gäste. In der Hotellobby stehen Regale mit Leckerli und Hundemode. An den Zimmertüre­n prangen anstelle von Nummern Beschriftu­ngen wie „Catwoman“oder „Jurassic Bark“.

250 Hunden und 33 Katzen bietet das Hotel Platz. Ein Zimmer kostet zwischen umgerechne­t 9,50 Euro und 34 Euro. Wer seinem Liebling zusätzlich noch einen Spa-Besuch oder etwa eine private Spielstund­e gönnen will, zahlt extra. Auf Wunsch bietet das AtFrits auch einen Fahrservic­e für die vierbeinig­en Gäste an.

Dekadent findet Yanick Klue ihr Etablissem­ent nicht. „Wir sind Tierliebha­ber und wollen nichts ins Lächerlich­e ziehen.“Das heißt zum Beispiel: Im Spa schneiden die Mitarbeite­r Krallen, putzen Zähne und frisieren die Tiere. Mit rosafarben­em Fell verlässt aber kein Gast das Hotel. Im Untergesch­oß zeigt die Chefin, weshalb sie das AtFrits auch als Rehazentru­m versteht. Im Pool macht Tiertherap­eutin Tineka Kriel Schwimmübu­ngen mit der Terrierdam­e Clara. Das helfe bei der Rehabilita­tion nach Verletzung­en oder Operatione­n, erklärt sie.

Mit seinem gehobenen Service für Vierbeiner liegt das AtFrits im Trend. Eine Website für Tierunterk­ünfte führt rund 800 Hotels und Pensionen allein in Deutschlan­d auf. In den USA startete mit The Barkley sogar eine Kette von Luxustierh­otels. Klue ist nach eigener Recherche überzeugt: Mit 2400 Quadratmet­ern übertrumpf­t das AtFrits in Sachen Hotelfläch­e alle anderen. Beim Guinnessbu­ch der Rekorde habe sie einen Antrag für das größte Tierhotel der Welt eingereich­t.

Doch eine solche Institutio­n wird in Kapstadt kritischer beäugt als in Berlin oder New York. Fast ein Fünftel aller Südafrikan­er lebte der Weltbank zufolge 2015 unter der Armutsgren­ze von 1,90 Dollar. Ist es in dieser Umgebung verwerflic­h, ein exklusives Hotel für Tiere zu führen? „Nein, aber es zeichnet ein unverfälsc­htes Bild der Ungleichhe­it in Südafrika“, meint Armutsfors­cher Rocco Zizzamia von der Universitä­t Kapstadt. Ein WeltbankBe­richt von 2018 kommt zu dem Schluss, dass die Ungleichhe­it in Südafrika nicht nur zu den höchsten der Welt gehört, sondern dass sie in den vergangene­n 25 Jahren sogar angestiege­n ist.

„Ich arbeite bis zu zwölf Stunden am Tag. Dennoch bleiben für jeden meiner Buben gerade einmal 700 Rand im Monat“, sagt Tankwart Lindile Zweni, der in einem Armenviert­el von Kapstadt, einem sogenannte­n Township, lebt. 700 Rand sind umgerechne­t etwa 43 Euro. Er muss spöttisch grinsen, als er von dem Hotel für Haustiere hört. „Ich kann nicht fassen, dass andere Südafrikan­er an nur einem Tag fast den gleichen Betrag für einen Hund ausgeben.“

Newspapers in German

Newspapers from Austria