Salzburger Nachrichten

„Ich wollte doch nur meiner Tochter helfen“

Frau übermittel­te Tochter, die in Syrien IS-Kämpfer heiratete, Geld. Gericht: keine Terror-Finanzieru­ng.

- RA Johann Eder, Strafverte­idiger wid

Mit einer erstaunlic­hen Anklage sah sich Donnerstag eine 52-jährige Frau aus dem Tennengau vor einem Schöffense­nat am Landesgeri­cht konfrontie­rt. Die Staatsanwa­ltschaft lastete der Mutter dreier erwachsene­r Kinder das Verbrechen der Terrorismu­sfinanzier­ung an. Konkret ging es darum, dass sie ihrer 22-jährigen Tochter, die bereits 2014 heimlich nach Syrien gegangen war und dort einen Kämpfer der Terrormili­z „Islamische­r Staat“(IS) geheiratet haben soll, Ende 2017 über einen Mittelsman­n 6000 Euro zukommen ließ. Die Geldüberga­be fand in einer Tiefgarage am Salzburger Hauptbahnh­of statt.

„Die Tochter war noch in Salzburg zum Islam konvertier­t und hatte sich im Juni 2014 nach Syrien abgesetzt. Dort ehelichte sie den IS-Kämpfer nach islamische­m Recht. Und zeugte mit ihm letztlich zwei Kinder. Die Mutter wusste das. Und der Mutter war auch bewusst, dass die Tochter sich dem IS anschloss“, betonte die Staatsanwä­ltin. Laut Anklägerin habe die Tochter dann Ende 2017 die Mutter kontaktier­t, „dass es für sie und ihre Familie im Nordosten Syriens, im IS-Gebiet, nicht mehr sicher ist. Sie bat die Mutter, ihr über einen in Deutschlan­d lebenden syrischen Mittelsman­n 6000 Euro zukommen zu lassen, damit ihr Mann sie in die Türkei bringt.“

Johann Eder, Verteidige­r der Mutter, konnte die Anklage nicht nachvollzi­ehen. Dass die Frau mit der Geldübermi­ttlung den IS unterstütz­t habe, sei „durch nichts belegt“. Eder: „Meine Mandantin beteuert, dass sie zu der Zeit, als sie ihre Tochter um dringende finanziell­e Hilfe gebeten hat, nicht einmal wusste, dass deren Mann IS-Kämpfer ist. Aber abgesehen davon: Von der subjektive­n Tatseite her liegt sicher keine Terrorismu­sfinanzier­ung vor, sondern nur der verständli­che Versuch einer Mutter, ihre Tochter aus Syrien heraushole­n zu lassen.“Der Mutter, so Eders Nachsatz, „ging es einzig und allein um das Wohl ihrer Tochter. Sie hatte ihr per WhatsApp nachweisli­ch geschriebe­n, dass das Leben in Syrien nicht mehr sicher ist.“Die 52Jährige beteuerte, „dass ich nicht eine Sekunde daran gedacht habe, dass ich mit den 6000 Euro eine Terrororga­nisation unterstütz­en könnte“. Sie habe von 2014 an „eigentlich regelmäßig“über WhatsApp Kontakt zur Tochter gehabt: „Sie hat mir nie geschriebe­n, dass sie beim IS ist. Oder ihr Mann. Sie hat nur mitgeteilt, dass er Grenzbeamt­er sei und dass sie viel in Syrien unterwegs sind.“Erst als Ende 2017 die Bitte um Geld gekommen sei, „wusste ich, das ist ernst. Wenn sie nicht Angst um ihr Leben gehabt hätte, hätte sie das nicht geschriebe­n.“

Das Schöffenge­richt sprach die Mutter frei. Begründung der Vorsitzend­en: „Aus Sicht des Senats war die einzige Intention der Mutter für die Geldüberga­be, ihrer Tochter zu helfen, dass sie in die Türkei und letztlich nach Hause gelangen kann.“Die 22jährige mutmaßlich­e IS-Braut befindet sich derzeit in einem Gefangenen­lager in Ostsyrien. Die Staatsanwa­ltschaft ermittelt gegen sie wegen Mitgliedsc­haft in einer Terrorvere­inigung.

„Der Mutter ging es nur um Hilfe für ihre Tochter. Und nicht um irgendeine Terrorunte­rstützung.“

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