Salzburger Nachrichten

Minen sind Irans stärkste Waffe

Die Islamische Republik hat rund 6000 Seeminen in ihrem Arsenal. Damit könnte sie die Straße von Hormus auf lange Zeit blockieren.

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Es ist ein unscharfes, teilweise verwackelt­es Schwarz-Weiß-Video, mit dem das US-Zentralkom­mando „Centcom“in Bahrain am Donnerstag­abend die Mitwirkung iranischer Revolution­sgardisten beim Anschlag auf zwei Öltanker im Golf von Oman zu beweisen versuchte: Zu sehen sind mehr als zehn teilweise uniformier­te Menschen auf einem Schnellboo­t, von denen einige an der Wand eines Öltankers hantieren, von dort womöglich etwas entfernen: Nach US-Behauptung­en „eine nicht explodiert­e Haftmine“, die jedoch nicht erkennbar ist.

Der Einschätzu­ng, wonach es sich bei der Attacke auf den Tanker „Kokuka Courageous“um einen „Haftminena­ngriff“handelte, widersprac­h am Freitag auch der japanische Präsident des Besitzerun­ternehmens, Yutaka Katada. Er sei nicht der Meinung, sagte er, dass das Schiff durch Minen beschädigt worden sei. Ein iranisches Marineschi­ff sei zwar in der Nähe gesehen worden. Ob vor oder nach den Angriffen, sei unklar. Bestätigt wurde dagegen, dass der ebenfalls am Donnerstag angegriffe­ne norwegisch­e Tanker „Front Altair“von der iranischen Marine übernommen wurde, nachdem die Crew auf das iranische Festland gebracht worden war.

Die lückenhaft­e Beweisführ­ung der Amerikaner wurde in Teheran scharf verurteilt. Es handle sich um haltlose Behauptung­en, die man aufs Schärfste verurteile. „Der ökonomisch­e Krieg und Terrorismu­s der USA“seien die Hauptursac­hen für Unsicherhe­it und Instabilit­ät in der Persischen Golfregion, argumentie­rte ein iranischer Regierungs­sprecher.

Würde der Iran nicht unter den „härtesten Sanktionen aller Zeiten“leiden, wie sie Donald Trump einmal bezeichnet hatte, könnten alle Staaten der Region in Sicherheit und Frieden leben, lautet die iranische Logik, welche vonseiten der Revolution­sgardisten unlängst präzisiert wurde: „Solange wir unser Öl exportiere­n können, bleibt die Straße von Hormus offen“, erklärte deren Marinekomm­andeur, Aliresa Tangsiri. Sei der Ölexport für die Islamische Republik nicht mehr möglich, gäbe es (für die Offenhaltu­ng der Meerenge) „keine Logik

Jon Rosamund, Marineexpe­rte

mehr“. Mit anderen Worten: Das Nadelöhr zwischen dem Golf von Oman und dem Persischen Golf, durch das jeden Tag zwischen 17 und 19 Millionen Fässer Öl (je 159 Liter) geschleust werden, könnte dann blockiert werden.

Vorrangig zum Einsatz kämen dann vor allem Seeminen. Diese spielten in der asymmetris­chen Kriegsführ­ung der Iraner die wichtigste Rolle, betont Bryan Clark vom Center for Strategic and Budgetary Assessment­s in Washington. Während des von Saddam Hussein begonnenen Tankerkrie­gs in den 1980er-Jahren habe der Iran noch „Minenmodel­le aus dem Ersten Weltkrieg“eingesetzt. Heute verfüge das Land über 6000 moderne und gefährlich­e Minen mit Sprengköpf­en von fast 1200 Kilogramm in seinem Arsenal, vermutet die USDenkfabr­ik Center for Strategic and Internatio­nal Studies.

Der Iran sei auch im Besitz von sogenannte­n intelligen­ten Minen, welche mehrere Ziele verfolgen und verschiede­ne Schiffstyp­en erkennen könnten. Für Feinde seien diese nur schwer aufzufinde­n, weil sie sich in der Regel nahe dem Meeresbode­n befänden. Mit schwimmend­en Bomben könnte Teheran den Schiffsver­kehr in der Straße von Hormus lahmlegen, „ohne auch nur einen Finger zu rühren“.

„Alles, was die Iraner tun müssen, ist, zu behaupten, dass sie die Meerenge vermint haben“, sagt Jon Rosamund, der für das Sicherheit­smagazin „Jane’s“als Marineexpe­rte tätig ist. „Der gesamte Tankerverk­ehr würde sofort zum Erliegen kommen.“Selbst mit einer geringen Anzahl von Seeminen, verstreut an viel befahrenen Stellen, könnten die Iraner große Wirkung erzielen, glaubt auch Bryan Clark.

Die USA und ihre Partner wären dann nicht in der Lage, die Straße von Hormus „in wenigen Tagen wieder zu öffnen“, befürchtet der frühere US-Admiral James Stavridis. Eine solche Operation könnte mehrere Wochen dauern. Selbst wenn es den USA und ihren Verbündete­n gelingen sollte, einen minenfreie­n Kanal in der Meerenge zu schaffen, würde der Schiffsver­kehr ins Stocken geraten, weil jedes Schiff militärisc­hen Begleitsch­utz durch die US-Navy bräuchte.

„Ohne einen Finger zu rühren, kann der Iran den Schiffsver­kehr lahmlegen.“

 ?? BILDER: SN/APA/AFP; AP ?? Ein iranisches Marineboot beim Löschen des norwegisch­en Tankers „Front Altair“(großes Bild). Das kleine Bild, das von den US-Streitkräf­ten freigegebe­n wurde, zeigt angeblich einen Schaden und eine mutmaßlich­e Mine am Rumpf des Tankers „Kokuka Courageous“.
BILDER: SN/APA/AFP; AP Ein iranisches Marineboot beim Löschen des norwegisch­en Tankers „Front Altair“(großes Bild). Das kleine Bild, das von den US-Streitkräf­ten freigegebe­n wurde, zeigt angeblich einen Schaden und eine mutmaßlich­e Mine am Rumpf des Tankers „Kokuka Courageous“.

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