Frauen können nicht einfach kicken
Über unfassbare Niveaulosigkeit bei der Frauenfußball-WM.
Gegen Frauenfußball zu sein bedroht das soziale Klima ähnlich wie der Kauf eines Plastiksackerls. K. ist das egal. Er schaue sicher nicht Frauenfußball, sagt er bei einer Party. Da müsste der K. gar nicht mein Freund sein, würde ich versuchen, vom Thema abzulenken. Ich bin gewiss nicht dafür gefürchtet, jede Lebenslage gegendert zu betrachten. Ich weiß aber, wo die Gefahr wohnt. Sie wohnt nicht im Strafraum, sondern trägt auf dieser Party Sommerkleid und Nagellack. K. lässt sich nicht beirren. Messi, Ronaldo – das schaue er gern. Champions League, WM – da ist er dabei. Er leidet unter dem Bayern-München-Syndrom: immer bei den Schönen und den Siegern sein wollen. Aber Schmerz und Leid gehören dazu. Warum also nicht auch kickende Frauen? Warum er denn gegen Frauenfußball sei, will eine der Damen wissen. Die Frage klingt wie ein harmloser Pass, reißt aber die Flanke auf, bereitet eine Attacke in die Tiefe vor. K. spürt das nicht, redet weiter und sagt, er schaue doch auch keine österreichische Liga. Qualitativ seien wirklicher Fußball und die heimische Liga oder Frauenkick so weit entfernt wie unterschiedliche Planeten. Ich nicke (innerlich). Wenn der Maßstab Genies wie Messi und Ronaldo sind, wird’s – geschlechtsunabhängig – auf allen Gebieten eng. Und so macht’s gleich bumm und zack, dass einem die Luft wegbleibt. Es setzt für K. verbale Watsch’n – alles naturgemäß für Gerechtigkeit und gegen Diskriminierung. Mir sind die meisten der aufgewühlten Damen seit Langem bekannt. Ich weiß, dass ihre Ahnungslosigkeit nur von ihrem Desinteresse an dem Sport übertroffen wird. Ahnung, gar Wissen ist aber altmodisch und überbewertet. Wichtig ist das Gefühl, das Empathische für das große Ganze. Das große Ganze ist dann der Vorwurf, K. und allen Männern gehe es doch nicht um Qualität. Es gehe nur darum, dass da Frauen spielen. „Das vertragt ihr nicht“, sagt eine. Ich konnte wegen all der grundsätzlichen Anklage dann nicht erzählen, warum ich mich beim Match Frankreich gegen Norwegen ärgerte und nicht zuschauen konnte. Der Kommentar der Partie stak voll Plattitüden, war gar nicht lässig, leicht oder heiter, dafür so fantasielos, dass ich abdrehte. Auch Marcel Reif kommentiert nicht dauernd Champions League, sondern bisweilen auch Mittelmäßiges. Aber selbst wenn eine Partie unterirdisch ist, sind Reifs Kommentare geprägt von der grundsätzlichen Liebe zum Spiel, einer Empathie für die Handelnden. Nicht annähernd war davon etwas zu spüren, bei der Frau, die für den ORF Frankreich gegen Norwegen kommentierte.