Klimaschutzgesetze hängen in der Luft
Die frühere Regierung hatte sich beim Klimaschutz einiges vorgenommen. Was daraus wird, ist unklar. E-Control-Chef Urbantschitsch rechnet nicht damit, dass vor Herbst die notwendigen Gesetze kommen.
WIEN. „Mission 2030“hatte die türkis-blaue Regierung die erste umfassende Energie- und Klimastrategie für Österreich getauft. Das vorigen Dezember vorgelegte Papier sollte der Anfang vom Ende der fossilen Energie im Land sein.
Nach der Absetzung der Regierung hängen diese – aus Sicht von Klimaschützern ohnehin unzureichenden – Pläne wieder in der Luft. Die notwendigen Gesetze liegen auf Eis, darunter ein Gesetz für den weiteren Ausbau der Erzeugung von Strom aus Wind, Wasser und Sonne, das die Regierung noch vor dem Sommer auf den Weg bringen wollte. Nicht zuletzt sollte der Rechtsrahmen für 100.000 Photovoltaikanlagen auf heimischen Dächern geschaffen werden.
Wolfgang Urbantschitsch, zuständig für die Aufsicht über die Energiemärkte, rechnet nicht damit, dass es rasch beschlossen wird. Für das freie Spiel der Kräfte im Nationalrat wäre das Thema zu komplex. Und die Administrations-Regierung plane keine eigenen Regierungsvorlagen zu größeren Gesetzesvorhaben, „und das wäre es zweifelsohne“, sagt er. Im Umweltministerium würde wohl weitergearbeitet, einen Entwurf erwartet er jedoch erst unter einer neuen Regierung. Wobei noch offen ist, ob diese an den Plänen festhalten wird.
„Im allerbesten Fall verlieren wir ein paar Monate“, sagt Urbantschitsch, aber das ist wirklich der optimistische Fall. Jedenfalls werde sich Österreich viel schwerer tun, „die gesteckten Ziele zu erreichen, die jetzt schon sehr ambitioniert sind“. Laut Klimastrategie sollte Österreich die Stromversorgung bis 2030 (zumindest bilanziell) zu 100 Prozent auf erneuerbare Energieträger umstellen. Derzeit sind es – wegen des hohen Wasserkraftanteils – 75 Prozent.
Bedauerlich findet der E-Control-Chef, dass auch die Gesetzesbasis für Neuerungen wie lokale Energiegemeinschaften nun wohl erst später komme. Damit sollen benachbarte Bürger und Betriebe Strom aus der eigenen Photovoltaikoder Biomasseanlage günstig untereinander verteilen können. Das sollte einen Anreiz für mehr Ökostrom bringen und den Wettbewerb befeuern, so die Hoffnung.
Verzögern könnte sich auch die geplante große Reform der Netztarife. Diese machen ein Drittel der Stromrechnung aus (ein Drittel Strompreis, ein weiteres Steuern und Abgaben) und belasten heute Normalverbraucher genauso wie jene, die eine Schnellladestation für ihr E-Auto haben oder eine Sauna. Die E-Control hat dazu einen Vorschlag vorgelegt, der diese Großverbraucher mehr kosten würde. Für den Durchschnittshaushalt ändere sich laut Urbantschitsch nichts.
Die neue Regierung muss jedenfalls bis Jahresende nach Brüssel melden, wie sie zu den EU-Klimazielen für 2030 bzw. bis 2050 beitragen will. Die EU-Staaten haben sich vorgenommen, die Treibhausgasemissionen bis 2030 um mindestens 40 Prozent (gegenüber 1990) zu senken, den Anteil erneuerbarer Energiequellen auf 27 Prozent bis 2030 auszubauen und die Energieeffizienz um mindestens 27 Prozent zu steigern. Die erste Gelegenheit, Position für den Klimaschutz zu beziehen, hat Bundeskanzlerin Brigitte Bierlein nächste Woche beim EUGipfel in Brüssel, wo das Thema ebenfalls besprochen wird.