Fernando Alonso will den WM-Titel fixieren
Das waren noch Hoch-Zeiten: als in den 1960er- und 1970erJahren nicht nur Hersteller für Triumphe in der Sportwagen-WM fast alles taten, sondern auch beinahe die komplette Formel-1-Fahrergarde gegen Indy-Stars in Le Mans antrat. Es war die Blütezeit von Ferrari, Ford, Alfa Romeo, Porsche, Renault, Matra. Später wurde die Szene Ende der 1980er durch die Sportrückkehr von Mercedes und Jaguar belebt, die Japaner rückten an (Toyota, Nissan, Mazda) und erlebten bis auf den überraschenden Coup von Mazda 1991 ihre regelmäßigen Enttäuschungen. Dann trat Peugeot zum Siegen an. Doch in den 1990ern war die WM tot, ehe fast zehn Jahre später die Deutschen unter sich waren: Porsche, Mercedes, BMW, Audi. In den 2000ern war Le Mans ein Heimspiel für Audi, unterbrochen nur durch eine technische Schützenhilfe für die Konzernschwester Bentley und einen Heimsieg für Peugeot (mit Alex Wurz).
2012 belebten Le-Mans-Veranstalter Automobile Club de l’Ouest (ACO) und Automobilverband (FIA) mit dem World Endurance Championship (WEC) die LangstreckenWM wieder: neben dem Höhepunkt Le Mans mit Sechsstundenrennen auf mehreren Kontinenten. Das Konzept mit größeren und kleineren Prototypen und GT-Autos ging vorerst auf.
Bei den Werken, denen in der LMP1-Klasse eine sündteure, aber nach außen „grün“darstellbare Hybridformel auferlegt wurde, kam es zum Dreikampf Audi gegen Porsche und Toyota – mehr Hersteller waren nicht zu bewegen, denn Peugeot zögerte und Nissan blamierte sich kurz bis auf die Knochen. Als 2016 aber Audi und 2017 Porsche nach je drei WMTiteln ausstiegen (um sich auf die Elektro-Formel E vorzubereiten), blieb Toyota einziges Werk bei den großen Prototypen und feierte 2018 endlich den lang ersehnten Triumph in Le Mans – gegen die unterlegene Konkurrenz privater LMP1-Teams ohne Hybridantrieb.
Das Feilschen zwischen ACO, FIA und potenziellen Herstellern um ein neues Reglement ab 2021 verläuft bisher ergebnislos, alle (teils skurrilen) Vorschläge fanden keine mehrheitsfähige Basis. Dafür war bis jetzt die GTE-Pro-Kategorie mit sechs Herstellern ein Knüller: Porsche, BMW, Aston Martin, Ford, Ferrari und Chevrolet matchen sich hier. Obwohl Porsche die Hersteller-WM in der GTE-Klasse schon vor dem Saisonfinale in Le Mans für sich entschied, geht es noch um den Fahrertitel – und natürlich um das Prestige, in Le Mans zu triumphieren. Dafür werden die Anstrengungen teilweise verdoppelt, denn sowohl Porsche als auch Ford setzen je vier Autos (statt sonst zwei in der restlichen WM) ein.
Doch auch die zuletzt spannende GTE-Klasse ist auf dem Abstieg, denn Ford beendet das auf vier Jahre angelegt gewesene WEC-Programm ebenso wie BMW. Die Münchner schicken den M8 nur noch in die amerikanische Sportwagenmeisterschaft (IMSA) und konzentrieren sich auf Werkseinsätze in DTM und Formel E.
Alles andere als ein Gesamtsieg eines der beiden Werk-Toyota wäre Sonntag um 15 Uhr eine Sensation, und bei erwartetem Verlauf sollten Fernando Alonso, Sébastien Buemi und Kazuki Nakajima ihren WMTitel feiern. Bei den GT-Fahrern scheint der WM-Gewinn in der „Super Season“2018/19 den beiden Wahl-Österreichern Kevin Estre (FRA/Bregenz) und Michael Christensen (DEN/Wien) bei 36 Punkten Vorsprung auf ihre Porsche-Kollegen Richard Lietz/Gianmaria Bruni kaum mehr zu nehmen.
Doch der Niederösterreicher Lietz, längstdienender PorscheWerkfahrer, hat ein klares Ziel: den vierten Klassensieg in Le Mans.
Außer Lietz wollen auch die anderen Österreicher aufzeigen: Der Tiroler René Binder fährt im Team der französischen Sportlegenden Olivier Panis (Ex-F1) und Fabien Barthez (Fußball-Welt- und -Europameister) erstmals in einem kleinen Prototyp (Ligier-Gibson LMP2) an der Sarthe – in der mit 20 Nennungen am besten besetzten Klasse. DTM-Pilot Philipp Eng (Wals) verstärkt wie im Vorjahr die BMWEquipe mit dem Niederländer Nicky Catsburg und dem Rosenheimer Martin Tomczyk – und bringt viel Selbstvertrauen dank des Überraschungssiegs bei den 24 Stunden von Daytona im Jänner mit.
Um den GTE-Sieg will auch der Wahl-Salzburger Nicki Thiim (DEN) im neuen Aston Martin Vantage mitkämpfen, der schon 2016 GT-Weltmeister war.
Und bei den privaten GTE-Teams sind der Linzer Thomas Preining (mit Ben Barker und Michael Wainwright, beide GBR, im privaten Gulf-911) und Mathias Lauda im Aston Martin mit seinen Langzeitpartnern Pedro Lamy (POR) und Paul Dalla Lana (CAN) dabei. Für den gebürtigen Salzburger Lauda ist es das erste Rennen seit dem Tod seines Vaters.