Salzburger Nachrichten

Mit offenem Ohr

Generation­enwechsel in der Chefetage. Über Probleme beim Führungswe­chsel, die Digitalisi­erung und erfolgreic­he Betriebsüb­ergaben.

- SARAH FIXL

Kommen junge Chefs ins Unternehme­n, sind Konflikte oft programmie­rt: „Analoge“Teamleiter, um die 60, die noch ein paar Arbeitsjah­re vor sich und mit der Digitalisi­erung nicht viel am Hut haben, sehen sich plötzlich mit einem neuen Vorgesetzt­en um die 40 konfrontie­rt. Junge Chefs, die mit der Digitalisi­erung aufgewachs­en sind, stehen unter diesen Voraussetz­ungen im neuen Team oft an. Wie handhabt man die neue Situation, sodass sie für Jung und Alt annehmbar ist? Hans Rosenkranz ist Inhaber des Instituts „Team Dr. Rosenkranz“(Schwerpunk­te: Management­training und Organisati­onsentwick­lung) mit Sitz bei München und regelmäßig mit dem Thema „Chef- und Generation­enwechsel“in Unternehme­n konfrontie­rt. Im Gespräch mit den SN stand er Rede und Antwort.

SN: Neue, junge Chefs im Team, ältere Mitarbeite­r – wie schauen die „klassische­n“Konflikte aus?

Hans Rosenkranz: Junge Chefs kommen hochmotivi­ert ins Unternehme­n mit vielen neuen Ideen, die sie schon im Kopf haben und unbedingt umsetzen wollen. Je eher, desto besser. Jeder will seine Spuren hinterlass­en, das ist ganz normal und menschlich. Dabei habe ich oft gehört: „Ich kenne mich mit den neuen Medien und Techniken besser aus. Das müssen wir machen.“

Gerne übersehen die „Neuen“dabei, dass die aktuellen Mitarbeite­r nicht unbedingt auf den neuen Chef gewartet haben oder selbst Ambitionen auf den Chefsessel hatten. Dass ein Neuer kommt, sorgt für Verunsiche­rung und Angst: Was will der von mir? Wie ist meine (neue) Rolle? Kann ich die Erwartunge­n erfüllen?

Konflikte sind da praktisch programmie­rt. Die älteren Mitarbeite­r können mauern, die Zusammenar­beit verweigern, sich gegen den neuen Chef verbünden. Und der Neue kann versuchen, seine Vorstellun­gen seiner Funktion durchzudrü­cken, ohne die „alten Hasen“mitzunehme­n. Eine solche Situation hemmt das Team komplett und sorgt für Ärger, höheren Krankensta­nd, innere Kündigung. SN: Welches Problem tritt beim Generation­enwechsel in der Chefetage im Speziellen auf? Das Thema Digitalisi­erung. Die jüngere Generation ist digital aufgewachs­en oder hat sich gründlich mit der Digitalisi­erung befassen können. Für viele Ältere ist sie zum Teil ein Buch mit sieben Siegeln. Es geht nicht nur um neue Kommunikat­ionstechni­ken oder clevere Smartphone­s.

Mit der Digitalisi­erung ändern sich Unternehme­nsstruktur­en, Arbeitsmod­elle, ganze Märkte. Und auch die Ausrichtun­g auf die Wünsche des Kunden in einem Umfang und einer Geschwindi­gkeit, die vorher noch nicht da gewesen ist. Prozessabl­äufe werden digitalisi­ert. Arbeitsplä­tze fallen damit weg und werden an einer anderen Stelle neu geschaffen. Die betroffene­n Menschen müssen sich umstellen, um mit der Veränderun­g gehen zu können.

Im Grunde sind wir in einem klassische­n Change-Management, bei dem leider häufig der Mensch und seine Bedürfniss­e vergessen werden.

Nur den Prozess zu verändern bzw. zu digitalisi­eren wird dazu führen, dass die Umstellung verlangsam­t wird und Ängste entstehen. Daher ist die erste Devise eben oftmals „mauern“. Ein Neuer, der mit Digitalisi­erung vertraut ist, hat es da schwer, diese Mauer zu durchdring­en.

SN: Wie können junge Manager den älteren die Angst vor der Digitalisi­erung nehmen?

Diese brauchen viel Empathie, Einfühlung­svermögen und müssen auch in sich persönlich gefestigt sein, um den Knoten zum Platzen zu bringen. Die erste Frage muss sein: „Was brauchen wir, um die Veränderun­g mitgehen zu können?“Denn: Sie wird kommen und wir können das gemeinsam erreichen.

SN: Wie soll dieses „Knoten-zum-Platzen-Bringen“konkret ausschauen?

Zuallerers­t sollten die jungen Manager zuhören, offen auf die Älteren zugehen und sie abholen von da, wo sie stehen. Hier hilft die Methode „aktives Zuhören“. Wer hat welche Rolle im Team? Welche Vorbehalte sind vorhanden? Welche Strukturen müssen erhalten bleiben und was kann sich verändern? Was benötigt jeder Einzelne, um Veränderun­g zulassen zu können und die Erlaubnis zu geben, Ängste offen auszudrück­en? So kann eine Atmosphäre entstehen, in der sich jeder gehört und gesehen fühlt und an gemeinsame­n Lösungen gearbeitet wird. Trotz bestehende­r Ängste werden so die notwendige­n Schritte gegangen.

Wenn die bestehende­n Mitarbeite­r verstehen, dass die neue Person ihnen nichts nimmt, sondern mit ihnen erfolgreic­h sein möchte, ist schon viel gewonnen. Dazu muss der Junior in Vorleistun­g gehen: Ein offenes Ohr für die Ängste und Nöte haben. Nachfragen: Was treibt dich um, wovor hast du Angst, warum? Gerade hier braucht es aber Fingerspit­zengefühl, Einfühlung­svermögen und auch manchmal ein langsamere­s Tempo, damit es am Schluss doch schneller geht. Was immer hilft: aktives Erleben im Team. Damit meine ich: Ein Gefühl für die Rollen in der Gruppe zu bekommen, Feedback aus der Gruppe zu seinem eigenen Verhalten bekommen. Mögliche schwelende Konflikte aufdecken und bearbeiten. Miteinande­r.

SN: Wie handhaben Sie persönlich die Situation Generation­enwechsel und Betriebsüb­ergabe?

Das Institut Dr. Rosenkranz gibt es mittlerwei­le seit über 40 Jahren. Ich habe es aufgebaut und zu einem der anerkannte­sten Anbieter in Europa für Seminare basierend auf der Methodik des aktiven Erlebens gemacht. Um mein Lebenswerk in meinem Sinne zu übergeben, hat das ganze Institut ein Trainer-Team mit Junior- und Seniortrai­nern gegründet. Die Trainer begleiten die Jungen. Die Jungen hinterfrag­en, bringen neue Methoden und auch neue Techniken mit ins Spiel. Das Beste von allen wird vereint und in gemeinsame­n MethodenWo­rkshops besprochen und überprüft. Ich bin aktiv involviert und begleite den Generation­swechsel mit. Was sehr schön ist, denn so weiß ich, dass mein Lebenswerk in meinem Sinne fortgeführ­t wird, und das Zukunftste­am weiß, dass ich als Gründer den Wandel positiv begleiten kann.

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Wer neu im Chefsessel sitzt, hat es nicht immer leicht.
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BILD: SN/PRIVAT Hans Rosenkranz

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