Auch Salzburg verfehlt seine Ziele deutlich
Salzburgs Politik verkauft sich gern als Vorreiter bei Natur und Umwelt. Doch ausgerechnet der grüne Landes-Vize ist bei den Klimazielen im Verzug.
Es ist verantwortungslos, wie ihr mit unseren Lebensgrundlagen umgeht! So hallt es aus vornehmlich jugendlichen Kehlen der stark wachsenden Klima- und Umweltdemos. Und plötzlich sind alle gefordert, viele unter Generalverdacht: Politiker wie Unternehmensführer, Männer wie Frauen, Erwachsene, Eltern und Großeltern.
Es ist höchst bemerkenswert, wie sich binnen weniger Monate die öffentliche Debatte um den Umwelt- und Klimaschutz im Land verändert hat. Die von Schülern getragene Klimabewegung fordert Antworten auf Fragen, die schon lang im Raum stehen, aber noch nie so konsequent formuliert wurden. Es werden Erinnerungen an die 1968er-Bewegung wach, als der Aufschrei der Jüngeren eine über Jahrzehnte tabuisierte Frage ins Zentrum rückte und den öffentlichen Diskurs schlagartig veränderte: Was habt ihr in der Nazizeit gemacht? Ihr tut, als wäre nichts gewesen, dabei ist so Entsetzliches passiert.
Heute sind die Fragen andere, doch sie rühren an denselben Wurzeln gemeinschaftlicher Verantwortung für große Lebensfragen. Warum betreiben wir Raubbau an unserer Erde? Warum tun wir so wenig dagegen, wenn wir doch wissen, dass uns das allen irgendwann auf den Kopf fällt?
Lang genug konnte sich die Politik durchschwindeln. Seit (vielen) Jahren werden zwar ehrgeizige Ziele zum Schutz des Klimas formuliert, die in der Folge aber achselzuckend gebrochen werden. Plötzlich bringt genau das die Verantwortlichen in Bedrängnis: Politiker sitzen Jugendlichen und Kritikern gegenüber und ringen um Worte, formulieren Ausflüchte und geraten in Erklärungsnot.
Auch Salzburgs Politik hat die Bevölkerung in Sachen Klimaschutz geschickt eingelullt. Schon vor acht Jahren wurde im Lichte der Atomkatastrophe von Fukushima ein Masterplan für Klima und Energie entwickelt. Das Ziel, bis zum Jahr 2050 energieautonomer Klimavorreiter zu werden, trägt die Politik seither wie ein Mantra vor sich her. Dabei werden die Zwischenziele bis 2020 teils deutlich verfehlt. Die Treibhausgase sollten gegenüber 2005 um 30 Prozent sinken. Tatsächlich gelingt möglicherweise nicht einmal die Hälfte davon. Der Trend zeigt sogar wieder in die gegenläufige Richtung: Seit 2015 steigen die Werte wieder, speziell die Kohlendioxidbelastung wächst. Ursache ist der explodierende Verkehr. Die lang viel zu laxe Verkehrspolitik fällt Salzburg jetzt auf den Kopf. Dass die ÖVP nun ihren Kurs korrigierte, ist ein kleiner Trost. Die versprochene Öffi-Offensive kommt reichlich spät – und braucht (viele) Jahre in der Umsetzung.
Ähnlich unverständlich ist es, dass über ein Verbot von Ölheizungen zwar lang geredet wird, aber noch immer kein Beschluss vorliegt. Und zwei fix geplante Größen, die ein Viertel des künftigen Energiemix liefern sollten, sind weggebrochen. Die Geothermie ist versenkt, und die Windkraft bislang nirgends durchsetzbar. Was aber tun, um trotzdem von fossilen Energieträgern wegzukommen? Genaues weiß man nicht. Der zuständige Heinrich Schellhorn übt sich in Durchhalteparolen – und zeigt auf andere. Der Bund sei säumig. Und die gute Konjunktur schuld. Für einen grünen Landes-Vize ist das eindeutig zu wenig.
Salzburg sieht sich gern als Vorreiter, der es aber nicht ist. Dabei hätte das Land beste Voraussetzungen: eine großartige Natur mit viel Wald. Eine dienstleistungsstarke Wirtschaft mit vielen Kleinbetrieben und ohne Schwerindustrie. Umso ärgerlicher ist es, dass Salzburg zaudernd agiert. Warum gibt es noch immer keine unabhängige und permanente Kontrolle der Klimaziele? Warum fehlt bis heute ein Maßnahmenpaket, um das offenkundig Versäumte nachzuholen? Wie gesagt: Die Zeit der Ausreden und Ausflüchte ist vorbei.
Treibhausgase steigen seit 2015 wieder