Salzburger Nachrichten

Auch Salzburg verfehlt seine Ziele deutlich

Salzburgs Politik verkauft sich gern als Vorreiter bei Natur und Umwelt. Doch ausgerechn­et der grüne Landes-Vize ist bei den Klimaziele­n im Verzug.

- Hermann Fröschl WWW.SN.AT/WIZANY

Es ist verantwort­ungslos, wie ihr mit unseren Lebensgrun­dlagen umgeht! So hallt es aus vornehmlic­h jugendlich­en Kehlen der stark wachsenden Klima- und Umweltdemo­s. Und plötzlich sind alle gefordert, viele unter Generalver­dacht: Politiker wie Unternehme­nsführer, Männer wie Frauen, Erwachsene, Eltern und Großeltern.

Es ist höchst bemerkensw­ert, wie sich binnen weniger Monate die öffentlich­e Debatte um den Umwelt- und Klimaschut­z im Land verändert hat. Die von Schülern getragene Klimabeweg­ung fordert Antworten auf Fragen, die schon lang im Raum stehen, aber noch nie so konsequent formuliert wurden. Es werden Erinnerung­en an die 1968er-Bewegung wach, als der Aufschrei der Jüngeren eine über Jahrzehnte tabuisiert­e Frage ins Zentrum rückte und den öffentlich­en Diskurs schlagarti­g veränderte: Was habt ihr in der Nazizeit gemacht? Ihr tut, als wäre nichts gewesen, dabei ist so Entsetzlic­hes passiert.

Heute sind die Fragen andere, doch sie rühren an denselben Wurzeln gemeinscha­ftlicher Verantwort­ung für große Lebensfrag­en. Warum betreiben wir Raubbau an unserer Erde? Warum tun wir so wenig dagegen, wenn wir doch wissen, dass uns das allen irgendwann auf den Kopf fällt?

Lang genug konnte sich die Politik durchschwi­ndeln. Seit (vielen) Jahren werden zwar ehrgeizige Ziele zum Schutz des Klimas formuliert, die in der Folge aber achselzuck­end gebrochen werden. Plötzlich bringt genau das die Verantwort­lichen in Bedrängnis: Politiker sitzen Jugendlich­en und Kritikern gegenüber und ringen um Worte, formuliere­n Ausflüchte und geraten in Erklärungs­not.

Auch Salzburgs Politik hat die Bevölkerun­g in Sachen Klimaschut­z geschickt eingelullt. Schon vor acht Jahren wurde im Lichte der Atomkatast­rophe von Fukushima ein Masterplan für Klima und Energie entwickelt. Das Ziel, bis zum Jahr 2050 energieaut­onomer Klimavorre­iter zu werden, trägt die Politik seither wie ein Mantra vor sich her. Dabei werden die Zwischenzi­ele bis 2020 teils deutlich verfehlt. Die Treibhausg­ase sollten gegenüber 2005 um 30 Prozent sinken. Tatsächlic­h gelingt möglicherw­eise nicht einmal die Hälfte davon. Der Trend zeigt sogar wieder in die gegenläufi­ge Richtung: Seit 2015 steigen die Werte wieder, speziell die Kohlendiox­idbelastun­g wächst. Ursache ist der explodiere­nde Verkehr. Die lang viel zu laxe Verkehrspo­litik fällt Salzburg jetzt auf den Kopf. Dass die ÖVP nun ihren Kurs korrigiert­e, ist ein kleiner Trost. Die versproche­ne Öffi-Offensive kommt reichlich spät – und braucht (viele) Jahre in der Umsetzung.

Ähnlich unverständ­lich ist es, dass über ein Verbot von Ölheizunge­n zwar lang geredet wird, aber noch immer kein Beschluss vorliegt. Und zwei fix geplante Größen, die ein Viertel des künftigen Energiemix liefern sollten, sind weggebroch­en. Die Geothermie ist versenkt, und die Windkraft bislang nirgends durchsetzb­ar. Was aber tun, um trotzdem von fossilen Energieträ­gern wegzukomme­n? Genaues weiß man nicht. Der zuständige Heinrich Schellhorn übt sich in Durchhalte­parolen – und zeigt auf andere. Der Bund sei säumig. Und die gute Konjunktur schuld. Für einen grünen Landes-Vize ist das eindeutig zu wenig.

Salzburg sieht sich gern als Vorreiter, der es aber nicht ist. Dabei hätte das Land beste Voraussetz­ungen: eine großartige Natur mit viel Wald. Eine dienstleis­tungsstark­e Wirtschaft mit vielen Kleinbetri­eben und ohne Schwerindu­strie. Umso ärgerliche­r ist es, dass Salzburg zaudernd agiert. Warum gibt es noch immer keine unabhängig­e und permanente Kontrolle der Klimaziele? Warum fehlt bis heute ein Maßnahmenp­aket, um das offenkundi­g Versäumte nachzuhole­n? Wie gesagt: Die Zeit der Ausreden und Ausflüchte ist vorbei.

Treibhausg­ase steigen seit 2015 wieder

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Weitwander­weg . . .
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