Salzburger Nachrichten

Wer braucht wirklich eine Pistole?

Branche wünscht Erleichter­ungen, Behörden fehlt aber eine konkrete Gefährdung.

- THOMAS SENDLHOFER

Ein Angestellt­er eines Waffengroß­händlers im Flachgau blitzte vor wenigen Wochen mit seiner Beschwerde beim Salzburger Landesverw­altungsger­icht ab. Der Mann hatte einen Antrag auf Ausstellun­g eines Waffenpass­es gestellt, der zum Führen einer Faustfeuer­waffe berechtigt. Seine Tätigkeit stelle eine Gefahr dar, „der am zweckmäßig­sten mit Waffengewa­lt begegnet werden könne“, argumentie­rte der Mann. Der Mitarbeite­r der Firma verwies auch auf eine Warnung des Verfassung­sschutzes aus dem Jahr 2017, „dass in einem Onlineprop­agandamaga­zin einer Terrororga­nisation eine Anleitung zur illegalen bzw. gewaltsame­n Beschaffun­g von Waffen in Europa veröffentl­icht wurde. Darin werden direkte Angriffe auf Besitzer von Waffengesc­häften empfohlen.“Das Gericht sah hingegen keine konkrete Gefährdung, die einen Waffenpass rechtferti­gen würde, sondern „bloße Vermutunge­n und Befürchtun­gen einer möglichen Bedrohung“. Die Beschwerde wurde somit als unbegründe­t abgewiesen. Der Arbeitgebe­r des Mannes ist ein Großhändle­r, in dessen Lager im Flachgau sich unter anderem Kriegsmate­rial (siehe auch Text unten) befindet – das Unternehme­n beliefert neben dem österreich­ischen Bundesheer auch die Polizei und weitere Behörden mit Waffen und Munition. Der Geschäftsf­ührer des Unternehme­ns, der aus Sicherheit­sgründen anonym bleiben will, hat vor dem Hintergrun­d der Terrorwarn­ung der Verfassung­sschützer für seine Mitarbeite­r ein Sicherheit­straining organisier­t. „Unsere Leute haben vor mehr als einem Jahr über vier Tage geblockt trainiert: Von der taktischen Verhaltens­weise im Unternehme­n über Wundversor­gung und Notwehrrec­ht bis zum Schießtrai­ning“, schildert der Firmenchef.

Für die Handhabe der Justiz – er sei mit Anträgen auf Waffenpäss­e für seine Mitarbeite­r bereits vor dem Höchstgeri­cht abgeblitzt – zeigt er naturgemäß wenig Verständni­s. Zumal die Angestellt­en im Umgang mit Waffen entspreche­nd geschult und sicher keine um sich schießende­n „Djangos“seien, betont er.

„Die Personen, die für einen Waffenpass als geeignet angesehen werden, gibt es eigentlich nur in der Theorie“, meint Robert Siegert. Der Steirer ist Branchensp­recher der österreich­ischen Waffenhänd­ler. „Die Gesetzesla­ge hat sich nicht geändert. Aber die Vollzugspr­axis der Bezirksbeh­örden hat sich um 180 Grad gedreht.“Der Unternehme­r, der Dutzende Mitarbeite­r an mehreren Standorten in der Steiermark beschäftig­t, fordert einheitlic­he Entscheidu­ngen. So sei einem seiner Angestellt­en mit der Argumentat­ion, einen Schießstan­d zu beaufsicht­igen, der Waffenpass von der Bezirkshau­ptmannscha­ft Deutschlan­dsberg genehmigt worden. Einem anderen Mitarbeite­r half diese Begründung im Bezirk Graz-Umgebung hingegen nichts. Siegert vermutet „politische­s Kalkül“.

Wer darf eine Waffe mit sich führen? Und wer nicht? Grundsätzl­ich muss ein Antragstel­ler eines Waffenpass­es der zuständige­n Behörde nachweisen, dass er „außerhalb von Wohn- oder Betriebsrä­umen oder eingefried­eten Liegenscha­ften besonderen Gefahren ausgesetzt ist, denen am zweckmäßig­sten mit Waffengewa­lt wirksam begegnet werden kann“. Während Behörden im Falle von Waffenhänd­lern wie im Falle des Angestellt­en im Flachgau den Waffenpass zumeist verwehren, steht Polizisten seit einer Novelle der Waffenpass inzwischen ohne Einzelfall­prüfung zu. Die Erleichter­ung wurde Ende 2016 auch mit einer „erhöhten abstrakten Terrorgefa­hr“gerechtfer­tigt – damit Beamte auch in der Freizeit wehrhaft seien. Mit der jüngsten Neuerung, die am 1. Jänner in Kraft getreten ist, wurden auch Justizwach­ebeamte und Militärpol­izisten in diese Regelung mitaufgeno­mmen.

Geht es nach dem Branchensp­recher, sollte das auch für ihn und seine Kollegen gelten. „Wie von Polizisten erwartet man auch von Fachhändle­rn, dass sie qualifizie­rt und verlässlic­h im Umgang mit Waffen sind.“Wobei für Siegert die Forderung, eine Waffe zur Selbstvert­eidigung führen zu dürfen, vor allem bei Angestellt­en von größeren Betrieben gerechtfer­tigt ist. „Der Lagerbesta­nd des kleinen Büchsenmac­hers ist nicht die Bedrohung für die öffentlich­e Sicherheit. Aber es gibt Großhändle­r in Österreich, bei denen Tausende Waffen gelagert sind. Dort hat es Sinn, wenn jemand privat eine Waffe tragen darf.“

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