Wer braucht wirklich eine Pistole?
Branche wünscht Erleichterungen, Behörden fehlt aber eine konkrete Gefährdung.
Ein Angestellter eines Waffengroßhändlers im Flachgau blitzte vor wenigen Wochen mit seiner Beschwerde beim Salzburger Landesverwaltungsgericht ab. Der Mann hatte einen Antrag auf Ausstellung eines Waffenpasses gestellt, der zum Führen einer Faustfeuerwaffe berechtigt. Seine Tätigkeit stelle eine Gefahr dar, „der am zweckmäßigsten mit Waffengewalt begegnet werden könne“, argumentierte der Mann. Der Mitarbeiter der Firma verwies auch auf eine Warnung des Verfassungsschutzes aus dem Jahr 2017, „dass in einem Onlinepropagandamagazin einer Terrororganisation eine Anleitung zur illegalen bzw. gewaltsamen Beschaffung von Waffen in Europa veröffentlicht wurde. Darin werden direkte Angriffe auf Besitzer von Waffengeschäften empfohlen.“Das Gericht sah hingegen keine konkrete Gefährdung, die einen Waffenpass rechtfertigen würde, sondern „bloße Vermutungen und Befürchtungen einer möglichen Bedrohung“. Die Beschwerde wurde somit als unbegründet abgewiesen. Der Arbeitgeber des Mannes ist ein Großhändler, in dessen Lager im Flachgau sich unter anderem Kriegsmaterial (siehe auch Text unten) befindet – das Unternehmen beliefert neben dem österreichischen Bundesheer auch die Polizei und weitere Behörden mit Waffen und Munition. Der Geschäftsführer des Unternehmens, der aus Sicherheitsgründen anonym bleiben will, hat vor dem Hintergrund der Terrorwarnung der Verfassungsschützer für seine Mitarbeiter ein Sicherheitstraining organisiert. „Unsere Leute haben vor mehr als einem Jahr über vier Tage geblockt trainiert: Von der taktischen Verhaltensweise im Unternehmen über Wundversorgung und Notwehrrecht bis zum Schießtraining“, schildert der Firmenchef.
Für die Handhabe der Justiz – er sei mit Anträgen auf Waffenpässe für seine Mitarbeiter bereits vor dem Höchstgericht abgeblitzt – zeigt er naturgemäß wenig Verständnis. Zumal die Angestellten im Umgang mit Waffen entsprechend geschult und sicher keine um sich schießenden „Djangos“seien, betont er.
„Die Personen, die für einen Waffenpass als geeignet angesehen werden, gibt es eigentlich nur in der Theorie“, meint Robert Siegert. Der Steirer ist Branchensprecher der österreichischen Waffenhändler. „Die Gesetzeslage hat sich nicht geändert. Aber die Vollzugspraxis der Bezirksbehörden hat sich um 180 Grad gedreht.“Der Unternehmer, der Dutzende Mitarbeiter an mehreren Standorten in der Steiermark beschäftigt, fordert einheitliche Entscheidungen. So sei einem seiner Angestellten mit der Argumentation, einen Schießstand zu beaufsichtigen, der Waffenpass von der Bezirkshauptmannschaft Deutschlandsberg genehmigt worden. Einem anderen Mitarbeiter half diese Begründung im Bezirk Graz-Umgebung hingegen nichts. Siegert vermutet „politisches Kalkül“.
Wer darf eine Waffe mit sich führen? Und wer nicht? Grundsätzlich muss ein Antragsteller eines Waffenpasses der zuständigen Behörde nachweisen, dass er „außerhalb von Wohn- oder Betriebsräumen oder eingefriedeten Liegenschaften besonderen Gefahren ausgesetzt ist, denen am zweckmäßigsten mit Waffengewalt wirksam begegnet werden kann“. Während Behörden im Falle von Waffenhändlern wie im Falle des Angestellten im Flachgau den Waffenpass zumeist verwehren, steht Polizisten seit einer Novelle der Waffenpass inzwischen ohne Einzelfallprüfung zu. Die Erleichterung wurde Ende 2016 auch mit einer „erhöhten abstrakten Terrorgefahr“gerechtfertigt – damit Beamte auch in der Freizeit wehrhaft seien. Mit der jüngsten Neuerung, die am 1. Jänner in Kraft getreten ist, wurden auch Justizwachebeamte und Militärpolizisten in diese Regelung mitaufgenommen.
Geht es nach dem Branchensprecher, sollte das auch für ihn und seine Kollegen gelten. „Wie von Polizisten erwartet man auch von Fachhändlern, dass sie qualifiziert und verlässlich im Umgang mit Waffen sind.“Wobei für Siegert die Forderung, eine Waffe zur Selbstverteidigung führen zu dürfen, vor allem bei Angestellten von größeren Betrieben gerechtfertigt ist. „Der Lagerbestand des kleinen Büchsenmachers ist nicht die Bedrohung für die öffentliche Sicherheit. Aber es gibt Großhändler in Österreich, bei denen Tausende Waffen gelagert sind. Dort hat es Sinn, wenn jemand privat eine Waffe tragen darf.“