Insekten-Eis gegen Hitze
In Südafrika wird ein neues Speiseeis angeboten. Es besteht aus Insekten.
Würden Sie oder würden Sie nicht? Zugegeben, die Geschmackssorten Erdnussbutter und Weihnachtsgewürze verleiten zum Kosten, daneben gibt es auch noch den Klassiker Schokolade. Was aber bleibt, ist ein gewisser Ekelfaktor – oder zumindest die Erinnerung bei jedem Löffel, dass dieser Becher Eis eigentlich voll mit Maden ist. Aus Sicht von Ernährungsberatern und Klimaschützern ist die Erfindung der südafrikanischen Jungunternehmer jedoch brillant: Die weiße, bis zu zwei Zentimeter lange Larve der Soldatenfliege steckt voller Proteine und gesunder Nährstoffe, darunter Eisen, Kalzium und Zink. Wie genau das Würmchen zur Milch und später zur Eiscreme wird, wollen die Köpfe von „Gourmet Grubb“nicht verraten. Zumindest nicht, ehe sie für ihre Idee das Patent besitzen. Eines steht für Leah Bessa, Lebensmittelwissenschafterin und Miterfinderin, aber jetzt schon fest: „Eiscreme ist eine großartige Methode, um der Öffentlichkeit das Konzept von Insekten als alternativer Nahrungsquelle näherzubringen. Es schmeckt und zeigt, wie vielfältig einsetzbar EntoMilk (zu deutsch: Insektenmilch) ist.“
In Südafrika haben die Kapstädter durch ihre Idee Insekten ein Stück salonfähig gemacht und einen Anreiz auch für die Mittelschicht und Wohlhabenden geschaffen, die Krabbeltiere zu probieren. Dabei stehen Insekten in ländlichen Gebieten schon lange auf dem Speiseplan. So wie auch im Rest des Kontinents. In Simbabwe etwa ist der Mopane-Wurm keine ausgefallene Delikatesse, sondern ein Grundnahrungsmittel für Tausende. Streng genommen handelt es sich um Raupen. Bevor sich diese in Schmetterlinge verwandeln, werden die dicken Larven von Bäumen gepflückt und anschließend frittiert. Mehr Biss gibt es in der westafrikanischen Elfenbeinküste oder auf Madagaskar: Dort werden Käfer in Soße scharf angebraten verspeist. Weshalb einige Staaten Afrikas mit diesem Speiseplan Vorreiter in Sachen Umweltschutz sind, erklärt Mike Picker, Biologe an der Universität Kapstadt: „Grillen oder Mehlwürmer benötigen wesentlich weniger Ressourcen als jede Art von traditionellem Vieh. Das bedeutet eine minimale CO2-Bilanz und weniger Schaden für Klima und Umwelt.“Darüber hinaus führt der Forscher ein „starkes ethisches Argument“für einen Insektenspeiseplan an. Denn anders als Säugetiere, Fische und Vögel verspüren Insekten nach derzeitigem Stand der Forschung keinen Schmerz. Auch die Hersteller des Madeneises wollen durch ihre ausgefallene Idee auf ein wachsendes Problem aufmerksam machen: So würden bis zum Jahr 2050 2,3 Milliarden Menschen mehr als heute in Städten leben. „Unter keinen Umständen könnte die Milchindustrie so weit aufrüsten, um diese boomende Bevölkerung zu versorgen“, heißt es von „Gourmet Grubb“. Die Lösung sei Milch, die manche Insekten absondern. Sie sei nicht nur energieeffizienter, sondern spare auch deutlich mehr Wasser ein. Als nächsten Schritt planen die Unternehmer, „EntoMilk“als Milchersatz im Supermarkt und als Grundlage für Käse und Joghurt einzuführen.
Insektenforscher Mike Picker gesteht, dass den Verzehr von Würmern, Larven und Heuschrecken in westlichen Ländern immer noch ein großes Stigma begleitet: Schmutzig, unhygienisch, eklig seien die häufigsten Assoziationen. Dennoch plädiert der Experte: „Angesichts des massiven Einflusses, den die Massentierhaltung auf die globale Erwärmung ausübt, sollten wir unsere Gewohnheiten überdenken und Insektenprotein in unseren Speiseplan aufnehmen.“
Übrigens: Verkostet wurden im Zuge der Recherche die Sorten „Schokolade“und „Weihnachtsgewürze“von „Gourmet Grubb“. Das Insekteneis ist etwas weniger cremig als Milcheis. Geschmacklich kann es mit traditioneller Eiscreme mithalten. Man schmeckt hochwertige Zutaten wie dunkle Schokolade und Gewürze, gesüßt wurde ausschließlich mit Honig.
Was stört, ist der Geruch nach Fischfutter bzw. Scampi, möglicherweise dem hohen Proteingehalt geschuldet. Subjektives Fazit des Testers: Es ist nicht leicht, den Planeten zu retten. Es ist noch viel Verbesserungsarbeit nötig, soll sich Insektenmilch am Markt gegen andere Milchalternativen durchsetzen.