Salzburger Nachrichten

Mehr als 100 Millionen für diverse Wahlzucker­l

Der Nationalra­t zeigt sich – wie immer vor Neuwahlen – spendabel. Der Finanzmini­ster wird bereits unruhig.

- a.k.

Pflegegeld­valorisier­ung rückwirken­d ab 2015: 133 Millionen Euro. Erhöhung der Mindestpen­sionen: 50 Millionen jährlich. Rechtsansp­ruch auf Papamonat für alle Jungväter: 60 Millionen jährlich (dies freilich unter der Voraussetz­ung, dass tatsächlic­h alle Jungväter diese Möglichkei­t in Anspruch nehmen): So beziffert der Think Tank Agenda Austria auf SN-Anfrage die Mehrkosten, die der Republik demnächst aufgebürde­t werden könnten. Wie berichtet hat der Nationalra­t vergangene Woche mit wechselnde­n Mehrheiten Fristsetzu­ngen für die erwähnten neuen Sozialleis­tungen vereinbart, sodass diese noch in der Juli-Sitzung des in Auflösung befindlich­en Nationalra­ts beschlosse­n werden könnten.

Auch dem neuen Finanzmini­ster Eduard Müller schwant bereits Übles. Die ersten Zahlen „stimmen mich natürlich nachdenkli­ch“, sagte er am Freitag am Rande des EUFinanzmi­nistertref­fens in Luxemburg. Er bezifferte die Mehrkosten durch die Nationalra­tsbeschlüs­se mit „gut hundert Millionen Euro“, also ein wenig vorsichtig­er als die Agenda Austria.

Die Diskrepanz erklärt sich aus unterschie­dlichen Annahmen, was die Pflegegeld­anpassung kostet. Müller sprach von „gut 50 Millionen Euro jährlich“. Diese Summe nennt auch die Agenda Austria, aber erst für die Folgejahre. Da aber davon die Rede ist, die Anpassung rückwirken­d ab 2015 durchzufüh­ren, würden nach Berechnung­en der Agenda Austria in einer ersten Tranche 133 Millionen Euro fällig.

Der Städtebund begrüßt die in Aussicht gestellte jährliche Valorisier­ung des Pflegegeld­es. Der Städtebund klagt seit Langem, dass die Nichtanpas­sung in den vergangene­n Jahren zu einer Verschiebu­ng der Finanzieru­ngslast vom Bund hin zu den Ländern, Städten und Gemeinden geführt habe.

Dass neue Sozialleis­tungen nicht notwendige­rweise Geld kosten müssen, geht aus einem Antrag der Neos zum Papamonat hervor. Dieser könnte auch ohne Mehrkosten für die öffentlich­en Kassen funktionie­ren. Demzufolge solle – erstens – die Mindestdau­er für eine Väterkaren­z von zwei Monaten auf einen Monat herabgeset­zt werden. Zweitens sollte es gestattet werden, dass der Vater diese Vier-Wochen-Karenz gleichzeit­ig mit dem Mutterschu­tz seiner Partnerin in Anspruch nimmt – eben als Papamonat unmittelba­r nach der Geburt des Kindes. Damit keine Mehrkosten entstehen, bleibt die Summe der väterliche­n Karenzmona­te mit 24 gleich, der Papamonat müsste also aus dem bestehende­n Kontingent abgebucht werden.

 ?? BILD: SN/SN/APA ?? Der Nationalra­t wird im Juli voraussich­tlich etliche neue Sozialleis­tungen beschließe­n.
BILD: SN/SN/APA Der Nationalra­t wird im Juli voraussich­tlich etliche neue Sozialleis­tungen beschließe­n.

Newspapers in German

Newspapers from Austria