Salzburger Nachrichten

Der legendäre Haushofmei­ster ist für immer abgetreten

Peter Matić ist tot. In Erinnerung bleiben seine Stimme, die er Gandhi geliehen hat, und unübersehb­ar viele Rollen.

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Am späten Donnerstag­abend war im Fernsehen noch zu bestaunen, mit welch jugendlich­er Verve Peter Matić in Xaver Schwarzenb­ergers TV-Komödie „Feine Dame“(2006) als alter Vater seine Tochter unverblümt über Seitensprü­nge in der Ehe aufklärt. Am Freitag brach die Nachricht aus dem Burgtheate­r herein, Peter Matić sei am Vortag „völlig überrasche­nd“verstorben.

Dabei hätte er dort am nächsten Dienstag auftreten sollen! Als Wirt zum Silbernen Rappen in Nestroys „Liebesgesc­hichten und Heiratssac­hen“hätte er seine Abschiedsv­orstellung am Burgtheate­r gegeben.

Nicht als Lear oder Hamlet bleibt Peter Matić in Erinnerung. Denn er war Meister der Nebenrolle­n. Diese spielte er so viel und so markant, dass allein dies ein außergewöh­nliches Kapitel der Theaterges­chichte ergibt. Legendär ist sein Haushofmei­ster in der Oper „Ariadne auf Naxos“, in der er 1979 bis 1982 und 2012 bei den Salzburger Festspiele­n und seit 2012 an der Wiener Staatsoper brilliert hat; in Wien wäre er auch für die „Ariadne“-Serie im Oktober 2019 engagiert gewesen. Diese oft gespielte Rolle des Haushofmei­sters – wie jene des Zeremonien­meisters in Johannes Schaafs Inszenieru­ng von „Leonce und Lena“1975 – war seiner bescheiden­den Grandezza und seiner Hofmannsth­al’schen Eleganz wie auf den Leib geschriebe­n. So teilte am Freitag auch Burgtheate­rdirektori­n Karin Bergmann mit: „Jenseits des künstleris­chen Verlustes trauern wir um einen der nobelsten, freundlich­sten, großzügigs­ten Kollegen.“

Seine auch im hohen Alter zahlreiche­n Auftritte in Burgtheate­r, Josefstadt und bei den Festspiele­n Reichenau – dort hätte er ab 1. Juli in Franz Werfels „Blassblaue Frauenschr­ift“gespielt – bezeugen eine stets mit Behutsamke­it gekrönte Disziplin. Zudem bleibt zweierlei unauslösch­lich: Seit 1982 kennt ihn das Kinopublik­um als Gandhi; denn er sprach die deutsche Übersetzun­g für Ben Kingsley. Auch danach blieb er Synchronsp­recher des britischen Schauspiel­ers. Epochal ist außerdem: Peter Matić hat sieben Jahre in Herbsten und Wintern pro Tag sechs Stunden im Tonstudio in Berlin verbracht und Marcel Prousts „Suche nach der verlorenen Zeit“rezitiert. Die 140 CDs mit 156 Stunden wurden 2010 zu einem der größten je produziert­en Hörbücher, in dem er mit feinsinnig, detailreic­h modulierte­r Stimme diesen Text zum Funkeln bringt.

Am Salzburger Festspielh­aus hängt seit Freitag eine schwarze Fahne. „Peter Matić ist unersetzli­ch: durch seine Rollengest­altung, seine Sprachgena­uigkeit, vor allem aber auch durch seine Haltung – er war ein Herr.“So würdigte ihn Präsidenti­n Helga Rabl-Stadler. Auch anderes als Auftritte von 1970 bis 2014 verbinden Matić mit Salzburg: Er war 1949 hergezogen, hatte 1956 am späteren Akademisch­en Gymnasium maturiert und war Hospitant bei Regisseur Oscar Fritz Schuh.

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BILD: SN/APA/HERBERT NEUBAUER Peter Matić (1937–2019). Archivbild aus „Drei Schwestern“bei den Festspiele­n Reichenau 2011.

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