Salzburger Nachrichten

Maturarede wurde Abrechnung Behörde prüft nun die Vorwürfe

Schüler der HTL Wels berichtet bei Feier von Selbstmord­en, überfüllte­n Klassen und starkem Druck. Die Aufsichtsb­ehörde sagt, dass bisher keine gravierend­en Probleme bekannt seien.

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WELS. Die Reaktionen der Schüler seien positiv gewesen, die der Lehrer geteilt. So bilanziert Thomas Neuner, wenige Tage nachdem er mit seiner Rede bei der Maturafeie­r der HTL Wels für Aufregung sorgte. Der Maturant nutzte den Festakt nicht nur, um sich zu bedanken, sondern auch um auf Probleme und Missstände, die es in der Schule geben soll, hinzuweise­n.

Am Freitag, 14. Juni, fand in der HTL Wels die Abschlussf­eier für drei Klassen statt, mit Bühnenprog­ramm und anschließe­nder Zeugnisver­teilung. Von jeder Klasse hielt der Klassenspr­echer eine Abschlussr­ede (YOUTU.BE/UAFXOSQ03P­8). In seiner Rede berichtete Neuner von vier Suiziden, die sich während seiner Schulzeit zugetragen haben, dass er noch nie so vielen depressive­n, hilf- und ratlosen, teilweise in den Alkohol flüchtende­n und suizidalen Personen begegnet sei wie hier. Er sprach an, dass bis zu 40 Schüler in kleinste und unklimatis­ierte Klassen gepfercht werden und berichtete von Lehrern, die PowerPoint-Präsentati­onen auf die Wand werfen, diese entweder einfach vorlesen oder Schülern zum Lesen gaben und am Ende der Stunde lediglich die Aussage brachten: „Nächste Stunde SMÜP (schriftlic­he Mitarbeits­überprüfun­g).“Auch seien unliebsame Vorfälle, etwa als eine Schülerin mit einem Messer in die Aula stürmte und drohte sich umzubringe­n, so gut wie möglich verheimlic­ht worden. Als er sich für andere Schüler als Klassenspr­echer einsetzen wollte, sei ihm davon abgeraten worden, weil ihm sonst ein Schulverwe­is drohen könnte. Dies sei auch der Grund, warum „ich mich erst jetzt traue, meine Kritik öffentlich zu machen, auch wenn mir von dieser Rede mehrmals abgeraten wurde“.

Die SN konnten Direktor Bertram Geigl am Freitag für eine Stellungna­hme nicht erreichen. In den OÖN wird er wie folgt zitiert: „Ich selbst war nicht dabei, weil ich in einer anderen Schule Maturavors­itz hatte.“Die pauschal angelegte Rede zeichne aber ein falsches Bild von der Schule und dem Lehrerteam. Die erwähnten Suizide, es geht um Lehrer und Schüler, bestätigt Geigl. Die Schule verfüge aber über ein gut ausgebaute­s psychosozi­ales Netzwerk, das Anonymität gewährleis­te. Und er bedauerte den Auftritt des Schülers vor Publikum. Geigl ist erst seit letztem Jahr Direktor der HTL. Die Rede des Schülers hat auch die oberösterr­eichische Bildungsdi­rektion aktiv werden lassen. Deren Sprecher Herwig Kerschbaum­er sagte, dass die Behörde selbstvers­tändlich die Aussagen des Schülers überprüfen und schauen werde, ob es an der Schule Probleme gebe. Bisher sei nichts bekannt gewesen, die HTL Wels gelte aus ausgezeich­nete Ausbildung­sstätte. Anfang nächster Woche werde ein Bericht erwartet, dann werden man schauen, was man weiter unternehme­n müsse, sagte der Sprecher der Bildungsdi­rektion.

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BILD: SN/SCREENSHOT/YOU TUBE Ein Video einer viel diskutiert­en Rede.

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