500 Radfahrer bei Polizeikontrolle bestraft
Ein Großteil wegen Missachtung von roter Ampel. Experten kritisieren zu kurze Grünphasen.
WIEN. Innerhalb von nur zehn Stunden wurden in Wien 499 Radfahrer von der Polizei bestraft. 420 Mal stellten die Beamten ein Organmandat aus, in 79 Fällen kam es zu einer Anzeige. Auffallend dabei: 289 Mal war der Grund für die Beanstandung die Missachtung einer roten Ampel. „Wir haben aber nicht immer gestraft. Es gab Hunderte Fälle, wo es bei einer Abmahnung geblieben ist“, betonte Polizeisprecher Harald Sörös am Freitag.
„Allein aufgrund dieser Zahlen würde ich nicht sagen, dass die Wiener Radfahrer ein Problem mit Verkehrsregeln haben“, konterte Roland Romano, Sprecher der Radlobby Wien. Man müsse sich besonders an großen Kreuzungen genau anschauen, warum Radfahrer möglicherweise durch das Ignorieren des Rotlichts die Flucht nach vorn antreten. „Es gibt viele Kreuzungen, wo die Ampelphasen ungerecht verteilt sind“, kritisiert Romano.
Als Negativbeispiel nennt der Radlobby-Sprecher die Kreuzung Ring/Kai bei der Urania. „Die Autos haben dort vierspurig quasi Dauergrün.“Radfahrer müssten sich durch suboptimale Ampelschaltungen auf Verkehrsinseln retten. „Dort stehen dann auf einer viel zu kleinen Fläche 30 Radfahrer.“
Romano wies überdies darauf hin, dass bei drei Viertel aller Unfälle, in die Radfahrer verwickelt sind, Autolenker die Verursacher seien. Auch in puncto Strafhöhen gebe es deutliche Unterschiede: „20 km/h zu schnell mit dem Auto sind billiger als ein fehlender Reflektor.“
Ähnlich sieht das der Wiener Radbeauftragte Martin Blum: „Mir ist keine Untersuchung bekannt, dass Radfahrer weniger regeltreu sind als andere Verkehrsteilnehmer. Aber Rotlicht ist einzuhalten, ganz klar.“Positiv bewertet Blum den Umstand, dass die Polizei verstärkt Radfahrer kontrolliert. „Ich fände es aber sehr gut, wenn Daten vorhanden wären, die man mit anderen Verkehrsmitteln vergleichen kann.“
Kritik übt Blum an den Strafhöhen: „50 Euro bei Handy am Steuer zu 70 Euro, wenn zwei Reflektoren am Rad fehlen – ich frage mich, ob da die Balance passt.
Sebastian Obrecht vom ARBÖ zeigt sich von der hohen Anzahl an bestraften Radfahrern nicht überrascht. „Sagen wir so: Bei manchen hat man den Eindruck, dass sie im Schutz der Anonymität sehr gut leben.“Allerdings gibt Obrecht zu bedenken, dass „viele Ampeln extrem blöd geschaltet sind“und dass bei Rotlicht zu fahren „teilweise halt schon verlockend“ist. Die Kontrollen sehe der ARBÖ „sehr positiv, weil die Anzahl der Radfahrer ständig steigt“. Ebenso wie die Ankündigung der Stadt, „smarte“(also mitdenkende) Ampeln anzuschaffen.