„Man muss aufpassen, dass es nicht zu viel wird“
Overtourism sei in Österreich bisher noch kein Problem, sagt ÖW-Chefin Petra Stolba.
Die Reiselust der Menschen ist ungebrochen, Österreichs Touristiker gehen daher mit Zuversicht in die Sommersaison. Im Trend lägen speziell auf Kleingruppen zugeschnittene Reisen, sagte die Chefin der Österreich Werbung (ÖW), Petra Stolba diese Woche. Immer stärker nachgefragt würden auch nachhaltige Angebote, zudem wünschten sich Reisende authentische Erlebnisse, die zur Region passen.
Neben der Digitalisierung sei ein nachhaltiger Tourismus derzeit das wichtigste Thema für die Branche. Sie wirke sich mittlerweile auch auf die Reiseentscheidungen und das Buchungsverhalten der Gäste aus, daher müsse verantwortungsvoller Fremdenverkehr gefördert werden. „Overtourism“, der etwa in Venedig oder Barcelona beklagt wird, sei in Österreich zwar noch kein Problem, „man muss aber gut aufpassen“. Wichtig sei es, die Besucherströme zu lenken. In Wien etwa werden Urlauber gezielt in Außenbezirke gelockt. Auch in den Bergen gehe es um „Crowd-Management“, sagt die oberste Tourismuswerberin.
Die Anreise der Gäste und die damit verbundenen Umweltprobleme könne man im Zusammenhang mit Nachhaltigkeit freilich nicht wegdiskutieren. Das gelte vor allem für den großen Hoffnungsmarkt China und andere Länder mit wachsenden Mittelschichten. Stolba verweist auf die Möglichkeit von Kompensationszahlungen bei Flügen und hält nichts von „Zwängen und Sanktionen“. Innerhalb von 500 Kilometern spiele die Bahn eine große Rolle. Tirol etwa möchte den Anteil deutscher Touristen, die per Bahn anreisen, heuer stark erhöhen. Im Vorjahr reisten, auf Basis der Nächtigungen, 5 Prozent per Bahn nach Tirol, bis zum nächsten Jahr sollen es bereits 10 Prozent sein, so Stolba.
Vergangenen Sommer gab es bei den Ankünften ein Plus von 3,1 Prozent auf 24,7 Millionen, die Zahl der Nächtigungen legte um 2,3 Prozent auf 76,7 Millionen zu. Die Sommergäste kommen zu jeweils rund einem Drittel aus Österreich und Deutschland. Mit großem Abstand folgen Niederländer und Schweizer. Je 2,6 Prozent der Ankünfte entfielen auf Italien und China, den großen Hoffnungsmarkt. Die Zahl der Touristen aus China soll wie 2018 um rund 10 Prozent steigen. „Asien ist für uns klar derzeit der wichtigste Wachstumsmarkt“, sagt Stolba.
Auch bei anderen wichtigen Herkunftsmärkten erwartet sie eine positive Entwicklung. Das Niveau bei Gästen aus Deutschland soll gehalten werden, bei jenen aus Großbritannien könnte langfristig der Brexit das Geschäft trüben. Sehr dynamisch entwickelt sich der Herkunftsmarkt Zentral- und Osteuropa: Tschechien etabliere sich zu einem der wichtigsten Nahmärkte, auch in Polen und Ungarn werde ein Österreich-Urlaub immer beliebter. Russische Touristen, die vor allem im Winter kommen, will man von den Möglichkeiten überzeugen, die Österreich im Sommer bietet.
Urlauber kämen vor allem wegen des aktiven Genießens sowie der Naturerlebnisse nach Österreich, sagt ÖW-Chefin Stolba. „Was in den 1990er-Jahren als langweilig empfunden wurde, ist heute, getrieben durch manch postdigitale Sehnsüchte, wieder beliebt.“