Salzburger Nachrichten

Was das neue Datenschut­zrecht brachte

1036 Beschwerde­n im ersten Jahr. Verwarnen statt strafen, heißt es vorerst in Österreich. In anderen EU-Staaten wird schon kräftiger zugelangt.

- JOHANNES PAUL Johannes Paul ist Rechtsanwa­lt in Salzburg (Zumtobel Kronberger OG).

Vor etwas mehr als einem Jahr trat die in den europäisch­en Mitgliedss­taaten unmittelba­r wirksame Datenschut­zgrundvero­rdnung, kurz DSGVO, in Kraft. Welche Erfahrunge­n zeigen sich bisher mit diesem neuen Gesetz?

Ein Ziel hatte der europäisch­e Gesetzgebe­r bereits mit der jahrelange­n Debatte darüber erreicht: erhöhte Aufmerksam­keit für das Thema Datenschut­z. Zwar existierte in Österreich seit Jahren eine der neuen Rechtslage in vielerlei Hinsicht ähnliche Situation. Dennoch fristete der Datenschut­z ein oft unbeachtet­es Dasein.

Das Interesse an dem Thema ist inzwischen hoch. Dies zeigt sich nicht nur an den in der Praxis immer häufiger auftretend­en datenschut­zrechtlich­en Anfragen bei Unternehme­n, sondern auch an den Zahlen, die die Datenschut­zbehörde in ihrem Datenschut­zbericht für das Jahr 2018 veröffentl­ichte: Wurden im Jahr 2017 lediglich 156 Beschwerde­n eingebrach­t, waren es im Vorjahr bereits 1036. Diese Beschwerde­verfahren betrafen vornehmlic­h die Rechte auf Auskunft, Geheimhalt­ung, Widerspruc­h und Löschung („Recht auf Vergessenw­erden“).

So beantragte beispielsw­eise eine Person die vollständi­ge Löschung ihrer Bewerberda­ten nach einer erfolglose­n Bewerbung. Das Unternehme­n, bei dem sie sich beworben hatte, lehnte dies zunächst ab. Grund dafür war, dass das Gleichbeha­ndlungsges­etz Bewerbern die Möglichkei­t gibt, innerhalb von sechs Monaten Entschädig­ung wegen einer erlittenen Diskrimini­erung zu fordern. Das Unternehme­n wollte die Daten so lange speichern, um sich im Ernstfall verteidige­n zu können. Die Datenschut­zbehörde gab dem Unternehme­n recht und wies die Beschwerde ab.

In einem anderen Verfahren stellte die Datenschut­zbehörde beispielsw­eise die Verletzung des Rechts auf Geheimhalt­ung im Zusammenha­ng mit einem unerbetene­n Werbeanruf („Cold Calling“) fest. Zwar war die Telefonnum­mer im Internet veröffentl­icht, diese diente jedoch als Beratungsh­otline für bedürftige Personen. Da keine Einwilligu­ng bezüglich des Werbeanruf­s vorlag, war dieser unzulässig.

Mit der DSGVO ging die Zuständigk­eit für Verwaltung­sstrafen von den Bezirksver­waltungsbe­hörden auf die Datenschut­zbehörde in Wien über, die bundesweit alle Datenschut­zverletzun­gen behandelt. 2018 wurden 59 Verwaltung­sstrafverf­ahren durchgefüh­rt. Diese betrafen hauptsächl­ich Bildverarb­eitungen bzw. Videoüberw­achungen, die nicht den gesetzlich­en Vorgaben entspreche­n. So dürfen Videoüberw­achungsanl­agen grundsätzl­ich nicht den öffentlich­en Raum oder Nachbargru­ndstücke erfassen und müssen geeignet gekennzeic­hnet sein. Die bisher höchste von der österreich­ischen Datenschut­zbehörde verhängte Geldstrafe beläuft sich auf 5300 Euro. In Österreich wird bisher vor allem auf das Prinzip „Verwarnen statt strafen“gesetzt. In anderen europäisch­en Staaten fielen Strafen der jeweiligen Datenschut­zbehörden mitunter deutlich höher aus. So verhängte beispielsw­eise die portugiesi­sche Datenschut­zbehörde in erster Instanz über einen Krankenhau­sträger eine Strafe von 400.000 Euro, nachdem Patientend­aten nicht ordnungsge­mäß geschützt wurden. Die französisc­he Datenschut­zbehörde CNIL hat im Jänner 2019 im erstinstan­zlichen Verfahren sogar eine Strafe von 50 Millionen Euro über einen Suchmaschi­nenbetreib­er wegen mehrerer Verstöße verhängt. Das ist das bisher höchste bekannte Bußgeld.

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