Pongau bringt Licht in Nazizeit
Der beschmierte Gedenkstein ist gereinigt und das Kapitel über die NS-Zeit wird neu geschrieben.
Mit ihren eigenen Händen und in mühevoller Kleinarbeit konnten Schülerinnen und Schüler der HTL Hallein ein wichtiges Kapitel in der Geschichte der nationalsozialistischen Schreckensherrschaft erfassen. Die Steinmetz-Schüler reinigten in einem Schulprojekt den im September 2018 von unbekannten Tätern beschädigten Gedenkstein in Goldegg. Dieser erinnert an die Jagd des Naziregimes auf die Wehrmachtsdeserteure von Goldegg-Weng, die 14 Menschenleben forderte.
„Rechtzeitig vor unserer Gedenkfeier am 6. Juli konnten die Beschmierungen erfolgreich beseitigt werden“, freut sich Obmann Paul Chalupny vom Verein Freunde des Deserteursdenkmals. Die Täter der Schmieraktion wurden bis heute nicht ausgeforscht. Der Fall beschäftigte, wie berichtet, bereits den Nationalrat sowie das Innen- und das Justizministerium in Wien.
Für die Reinigung mussten die HTL-Schüler einen zweiten Anlauf nehmen, bis das richtige Mittel gegen die grüne Sprühlackfarbe gefunden war. Vor der praktischen Arbeit hatte der Pongauer Historiker Michael Mooslechner die Jugendlichen einen Vormittag lang in der Schule über die Geschichte zum Denkmal informiert. „Wir sind der Schule sehr dankbar, dass sie die Arbeit zum Nulltarif gemacht hat“, sagt Chalupny. Der Obmann berichtet außerdem – nachdem er vor Kurzem ein einstündiges Gespräch mit dem neuen Bürgermeister Hannes Rainer geführt habe – von einem nun deutlich verbesserten Verhältnis des Vereins zur Gemeinde Goldegg. Und bis Herbst 2020 soll die von der Gemeindevertretung im Vorjahr in Auftrag gegebene wissenschaftliche Aufarbeitung der Ereignisse vom Juli 1944 vorliegen.
Das Projekt läuft unter der Leitung des Direktors des Landesarchivs, Oskar Dohle, und dessen Historikerkollegen Johannes Hofinger als Autor. Geplant ist ein Beiheft als Kapitel über die NSZeit – zur 2008 erschienenen Goldegger Ortschronik, welche die Deserteure als „gefährliche Landplage“bezeichnet hatte.
Zum traurigen Jubiläum „75 Jahre Sturm auf Goldegg“wird das Gedenken heuer in Zusammenarbeit mit der Geschichtswerkstatt St. Johann auf größerer, Pongauer Ebene gefeiert. Stationen am Samstag, 6. Juli, sind der Russenfriedhof in St. Johann, wo über 3700 Kriegsgefangene ums Leben kamen, Schloss Schernberg bei Schwarzach, wo 123 Euthanasieopfern gedacht wird, und Goldegg. Dort geht es um den Widerstand gegen Diktaturen.