und wird zum Buch
Märchenhaft ist auch der Fundort der Geschichte von Rosita Magnus. 50 Jahre lang blieb das Manuskript im „Schneckenhaus“unentdeckt.
ANIF. Mehr als ein halbes Jahrhundert schlief der Riese vom Untersberg im Keller eines Hauses in Anif in einer Holztruhe. In eine zerfledderte Mappe gebettet hat er die Jahre seit seiner Erschaffung überdauert – in Begleitung entzückender Aquarelle und eines Kindermärchens. Die mit Schreibmaschine getippte Geschichte lässt keinen Zweifel daran, dass die Gondel auf den Untersberg gebaut werden musste. Sonst wäre der zum Berg gewordene Riese Unta an seiner Einsamkeit zugrunde gegangen.
„Es war Zufall, dass ich die Mappe in meinem Elternhaus entdeckt habe“, sagt die Salzburger Kostüm- und Bühnenbildnerin Vasitti Magnus. Das Märchen und die Bilder stammen von ihrer Mutter, der Malerin und Schriftstellerin Rosita Magnus. Die Künstlerin hat bis zu ihrem Tod im April 2014 im „Schneckenhaus“in Anif gewohnt und gearbeitet. Entworfen hatte das Haus ihr Mann, der 2005 verstorbene Bildhauer Josef Magnus.
Das um 1960 in Form einer Schnecke errichtete Domizil ist vom Türgriff bis zu den Bodenfliesen, vom Keller bis zu jedem einzelnen Dachbalken ein Gesamtkunstwerk. Überall Bilder, Mosaike, Reliefs und Schnitzereien. Alle Wände im Schlafzimmer sind märchenhaft bemalt und mit Glitzersteinen verziert, die Heizkörper verschwinden hinter Perlenschnüren. Aus den Bronzeresten hat Josef Magnus Blumenranken für Fenster und Türen gestaltet. Brunnen und Skulpturen bevölkern den Garten.
„Meine Eltern steckten voller Schaffenskraft, obwohl ich hier aufgewachsen bin, stoße ich immer wieder auf Überraschungen“, sagt Vasitti Magnus. Ihre Mutter habe stets davon geträumt, dass die Geschichte vom Riesen Unta eines Tages als Buch erscheint. „Sie hat mir das Märchen oft erzählt, doch wo das Manuskript war, wusste ich nicht.“Umso größer war die Freude, als ihr die Mappe beim Stöbern in besagter Truhe in die Hände fiel.
Dass sich der Wunsch ihrer Mutter nun erfüllen wird, ist dem Residenz Verlag zu verdanken – und Hannes Schneilinger, dem ehemaligen Generalsekretär der Katholischen Aktion. Er hat den Kontakt zu Verlagsbesitzer Peter Daniell Porsche eingefädelt. Das Buch wird im Herbst in der Edition Kunstschrift erscheinen.
Die Geschichte handelt von Franz, der beim Schaukeln auf dem Spielplatz von Feen entführt wird, um dem Riesen Unta Gesellschaft zu leisten. Franz lässt sich vom Reich des Riesen verzaubern und taucht begeistert in die Welt der Höhlen, Kobolde und Zwerge ein. Zurück bei seiner Mutter will er unbedingt etwas für den einsamen Unta tun und fährt mit dem Bus zum Bürgermeister in die Stadt. Franz überzeugt ihn von der Notwendigkeit, eine Gondel zu bauen, die Besucher auf den Berg bringt.
Die Farbqualität der Bilder sei einmalig, weil sie so lange im Dunkeln lagen. „Sie war eine scharfe Beobachterin, das sieht man an den vielen Details“, sagt Schneilinger. Er kam in seinem Leben immer wieder mit ihren Werken in Verbindung. Schneilinger war zur Stelle, als ihre Marmorschnittbilder aus dem Paracelsusbad im Depot verschwinden sollten. Sie hatten 60 Jahre lang das Foyer der Schwimmhalle geschmückt. Nach dem Abriss des Bades brauchten die Bilder eine neue Heimat. Vor seiner Pensionierung holte Schneilinger die riesigen Mosaike in die Eingangshalle der Katholischen Aktion in der Salzburger Altstadt. Dort ziert bereits die Wandmalerei „Marionettentheater“von Rosita Magnus das Stiegenhaus. Der Kapitelsaal war ab 1962 zehn Jahre lang die Heimstätte des Marionettentheaters. Josef Magnus hatte für das Theater Hunderte Puppen geschnitzt. 2009 hatte Schneilinger Rosita Magnus zu Hause besucht, um mehr über die Geschichte ihres Gemäldes in Erfahrung zu bringen. „Sie hat mir alles mit Begeisterung erzählt.“
Im „Schneckenhaus“hängen Dutzende Bilder der Künstlerin. Die Motive sind visionär, tragen Titel wie „Das arme, reiche Kind“oder „Die Verschmutzung der Meere“. Auf einem Bild steht eine einsame Politikerin, die sich nach Frieden sehnt, auf einem Schachbrett – umzingelt von düsteren Figuren: „Die Neugewählte“.
Vasitti Magnus sieht ihre Aufgabe darin, das Werk ihrer Eltern zu ordnen und zu würdigen und das Haus zu bewahren. „Hier schlummern noch viele Schätze.“
„Dieses Haus ist aufregender als eine Fahrt in der Achterbahn.“Hannes Schneilinger, Unterstützer